Rz. 14

Die Inanspruchnahme des Beweisverpflichteten ist erforderlich, wenn der Behörde ein anderes ebenso unkompliziertes und effektives, aber für den Betreffenden schonenderes Aufklärungsmittel nicht zur Verfügung steht.[1] Kommen nach dieser Maßgabe mehrere Personen und/oder Einrichtungen gleichermaßen als Beweismittelquelle in Betracht, so kann die Finanzbehörde frei darüber entscheiden, welchen Beweisverpflichteten sie in Anspruch nehmen will. Dieser kann seine Leistung nicht unter Hinweis auf die jeweils anderen Personen verweigern.[2]

 

Rz. 15

Das Merkmal der Verhältnismäßigkeit stellt auf die Zweck-Mittel-Relation ab. Die Finanzbehörde hat sich grundsätzlich desjenigen Beweismittels zu bedienen, das zur Ermittlung des steuerlich relevanten Sachverhalts am besten geeignet ist und die Interessen der betroffenen Person am wenigsten beeinträchtigt. Die Belastung durch die Anwendung eines Beweismittels muss in angemessenem Verhältnis zu seinem Zweck stehen.[3]

Zweck der Ermittlungstätigkeiten im Besteuerungsverfahren ist das Ziel der gesetz- und gleichmäßigen Besteuerung, die möglichst lückenlose Festsetzung und Verwirklichung der Steueransprüche und damit letztlich die Sicherung des Steueraufkommens. Hieran sind die Nachteile des Einzelnen, die dieser durch die abverlangte Maßnahme erleidet, zu messen. Dies ist eine Frage der eigenständigen Interessenabwägung jedes Einzelfalls. So wäre z. B. die Anwendung eines Beweismittels unverhältnismäßig, das zu einer Existenzgefährdung des Beweisverpflichteten führt, obwohl nur eine geringe steuerliche Auswirkung zu erwarten ist.[4] Allgemein lässt sich aber feststellen, dass geringfügige wirtschaftliche Nachteile i. d. R. nicht zur Unverhältnismäßigkeit der Ermittlungsmaßnahme führen. Dazu steht das Ziel der gleichmäßigen Besteuerung zu sehr im Interesse der Allgemeinheit.[5]

Die Anwendung eines Beweismittels ist aber immer dann unzulässig, wenn jedwede Anhaltspunkte für steuererhebliche Umstände fehlen, etwa im Rahmen von Rasterfahndungen oder ähnlicher Ermittlungen "ins Blaue hinein."[6]

[4] Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 92 AO Rz. 8.
[5] BVerfG v. 13.6.2007, 1 BvR 1550/03 u. a., BFH/NV Beilage 2007, 429.
[6] BFH v. 18.3.1987, II R 35/86, BStBl II 1987, 419; BFH v. 24.10.1989, VII R 1/87, BStBl II 1990, 198; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 92 AO Rz. 8; Koenig/Wünsch, AO, 4. Aufl. 2021, § 92 Rz. 5; Roser, in Gosch, AO/FGO, § 92 AO Rz. 9.

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