2.1 Übermittlungserfordernis (Abs. 1 S. 1)

 

Rz. 20

§ 88c Abs. 1 S. 1 AO begründet Meldepflichten von für die Einzelfälle zuständigen Finanzbehörden über dienstliche Erkenntnisse im Bereich der Kapitalertragsteuer. Den Begriff der Finanzbehörden definiert § 6 Abs. 2 AO. Dazu zählen insbesondere das BZSt[1] und die FÄ[2], in denen Erkenntnisse über steuerbezogene Gestaltungen im Bereich des Kapitalmarkts dienstlich relevant sein können.

Dabei bedarf es auch innerhalb des BZSt einer Offenbarungsberechtigung steuergeheimnisgeschützter Daten, da die betroffenen Amtsträger das Steuergeheimnis auch innerhalb ihrer Finanzbehörde zu wahren haben.[3]

 

Rz. 21

Mit dem AbzStEntModG wurden auch die Zuständigkeiten des BZSt im Bereich der Kapitalertragsteuer neu geregelt und geschärft, um eine zentrale Zuständigkeit für die zahlreichen Anträge auf Erstattung von Kapitalertragsteuern zu schaffen.[4] Das BZSt hat in diesem Zusammenhang originäre ihm durch Gesetz zugewiesene Aufgaben i. S. d. § 4 Abs. 2 AO, wie die Zuständigkeit für die vorherige Freistellung vom Steuerabzug in bestimmten Fällen nach § 50c Abs. 2 EStG, die anders als die dem BZSt durch § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FVG übertragene Zuständigkeit für die Erstattung von Kapitalertragsteuer nicht auf beschränkt Stpfl., die nicht veranlagt werden, begrenzt ist.

Soweit die Aufgabe dem BZSt nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FVG übertragen wurde, umfasst diese Zuständigkeit des BZSt nach § 5 Abs. 1a FVG auch Vorfeldermittlungen i. S. d. § 208 Abs. 1 Nr. 3 AO. Auch daraus lassen sich jeweils dienstliche Erkenntnisse erlangen, die für die die Hinweise auf schädliche Steuergestaltungsmodelle analysierende Stelle des BZSt relevant sein können.

Erkenntnisse zu Steuergestaltungen im Bereich des Kapitalmarkts kann das BZSt darüber hinaus auch durch die Mitwirkung an Außenprüfungen der FÄ gewinnen, zu der es nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 i. V. m. § 19 FVG berufen ist.

 

Rz. 22

Die FÄ bleiben auch nach den Neuregelungen durch das AbzStEntModG für die Entlastung von Kapitalertragsteuern zuständig, sofern die Einkünfte, die diesen Steuerabzügen unterliegen, im Rahmen der Veranlagung erfasst werden.[5] Sie gewinnen im Rahmen von Veranlagungen, insbesondere aber auch durch Betriebsprüfungen oder im Einzelfall in Steuerfahndungsprüfungen wichtige Erkenntnisse über kapitalmarktbezogene Gestaltungen im Einzelfall. Diese Daten sollen dem BZSt für Analysezwecke zur Verfügung gestellt werden.

 

Rz. 23

Der Bezug der Mitteilungsberechtigung und -pflicht auf Tatsachen, die die Finanzbehörden "dienstlich erfahren haben", umschreibt, dass es sich um Daten handelt, die § 30 Abs. 2 Nr. 1 AO unterfallen und vom Steuergeheimnis geschützt sind. Soweit eine personelle Zuordnung erforderlich ist, um Erkenntnisgewinne zur Art oder zum Inhalt eingesetzter Gestaltungsmodelle zu erreichen, wäre der das Modell analysierenden Stelle des BZSt mit anonymisierten oder pseudonymisierten Informationen nicht gedient. Deshalb war es für die Effektivität der Analysen erforderlich, eine Mitteilung geschützter Daten zu regeln.

 

Rz. 24

Es bleibt – zunächst – der Einschätzung der einzelnen Finanzbehörde überlassen, ob sich aus der Würdigung der Gesamtumstände des einzelnen Steuerfalls mitteilungswerte Erkenntnisse für eine zu analysierende Steuergestaltung ergeben.

 

Rz. 25

Vor Zuleitung der Informationen an das BZSt ist das Zuleitungserfordernis vorab von einer generell zuständigen vorgesetzten Dienstbehörde zu prüfen. Daraus ergibt sich eine grundsätzlich sinnvolle Filterfunktion zur Beschränkung der Zulieferungen auf im Sinne der Analyseaufgabe des BZSt sinnvoll erscheinende Daten.

Im Interesse der Verbesserung und Beschleunigung des Informationsweges zur zuständigen Stelle des BZSt kann die oberste Finanzbehörde des jeweiligen Landes[6] oder das BMF[7] bestimmen, dass das notwendige Einvernehmen mit der Datenübermittlung durch die jeweilige Finanzbehörde statt durch sie selbst durch eine von ihr bestimmte Finanzbehörde erfolgt.[8]

In den Ländern kommen dafür insbesondere die die FÄ als örtliche Behörden leitenden Mittelbehörden[9] in Betracht.[10] Durch die Aufgabenübertragungen auf die zuständigen OFD bzw. die Landesämter für Finanzen bzw. Steuern können sich die Finanzministerien oder Finanzsenatoren der Länder von dieser zusätzlichen Aufgabe entlasten.

Für den Bereich des BZSt erscheint es dagegen logisch, dass es einer koordinierenden Filterfunktion innerhalb des BZSt nicht bedarf. Die Weiterleitungsfunktion und -entscheidung dürfte das BMF deshalb der jeweils für die personenbezogenen Daten originär verantwortlichen Stelle im BZSt überlassen.

Rz. 26 einstweilen frei

[4] BR-Drs. 50/21, 98.
[5] BR-Drs. 50/21, 98.
[8] BT-Drs. 19/27632, 123.
[10] BT-Drs. 19/27632, 123.

2.2 Erhebliche Bedeutung (Abs. 1 S. 2)

 

Rz. 27

Die Erkenntnis über eine gewählte Steuergestaltung als solche reicht zur Mitteilungsbefugnis und -verpflichtung der Finanzbehörden...

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