Rz. 78

Die Fassung der Norm ist unübersichtlich und bedarf einschränkender Auslegung. Dies führt aber nicht zur Unbestimmtheit der Norm oder zu ihrer Verfassungswidrigkeit. Eine Behebung verbleibender Bestimmtheitsmängel durch verfassungskonforme Auslegung der Norm ist jedenfalls möglich (Rz. 26), da der Regelungskern der Norm deutlich den Zweck erkennen lässt, dem die Regelung dienen soll (s. zu Rz. 39). § 88b AO geht darüber sogar deutlich hinaus. Soweit Präzisierungen erforderlich erscheinen, sind diese in verfassungskonformer Auslegung möglich, ohne die Verfassungsmäßigkeit der Ermächtigungsnorm als solche in Frage zu stellen. Der Gesetzgeber war geradezu aufgerufen, eine verfahrensrechtliche Befugnisnorm zu schaffen, die die Nutzung der in der Finanzverwaltung ohnehin vorhandenen Daten auch einem länderübergreifenden automatisierten Datenabgleich zu analytischen Zwecken zuführt (vgl. Rz. 19). Der Analysezweck ist dabei ebenso hinreichend deutlich in der Norm beschrieben, wie die Handlungsbefugnisse der zuständigen Stellen. Gerade auch in der Beschränkung der durch § 88b Abs. 1 AO eingeräumten Befugnisse auf mit hoher Legitimation geschaffene oder bestimmte Stellen zeigt sich, wie hoch der Gesetzgeber den Schutz der Daten, aber auch die präzise und einheitliche Anwendung der Normbefugnisse gewichtet hat.

Im Rahmen der Rechtsgüterabwägung ist der Anwendungsbefugnis der Norm, soweit sie verfassungskonform und nicht für "Ermittlungen ins Blaue" eingesetzt wird, gegenüber den Freiheitsrechten des Einzelnen der Vorrang zu geben (Rz. 19). In der praktischen Anwendung ist zu beachten, dass das Gewicht des Eingriffs in die Freiheitsrechte des einzelnen Stpfl. nicht zuletzt davon beeinflusst wird, dass lediglich Daten zusammengeführt werden, die ohnehin in den Finanzbehörden vorhanden sind (s. zu Rz. 18 und Rz. 31). Dem entgegen steht das wichtige Gebot an den Staat, Steuerhinterziehung nicht zu dulden. Im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit eines Eingriffs und der Zumutbarkeit einer Maßnahme ist der hohe Stellenwert des Interesses der Allgemeinheit an einer möglichst lückenlosen Verhinderung von Steuerverkürzungen zu berücksichtigen.[1] Bei der konkreten Eingriffsbestimmung wird aber darauf zu achten sein, dass für die einbezogenen Daten jeweils eine hinreichende Wahrscheinlichkeit eines steuerlichen Fehlverhaltens i. S. d. Zweckbestimmung des § 88b AO besteht (s. zu Rz. 21 und Rz. 56).

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