Rz. 6

Verletzt der Datenübermittler seine Identifizierungspflicht und kommt es hierdurch zu einer Steuerverkürzung oder einem unberechtigten steuerlichen Vorteil, so haftet der Datenübermittler nach § 72a AO für den eingetretenen Steuerschaden. Die von der Haftungsnorm vorgegebene Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem Steuerschaden wird im Einzelfall schwerlich nachzuweisen sein, da dies den Nachweis voraussetzt, dass bei Erfüllung der Identifizierungspflicht die Erklärung inhaltlich zutreffend abgegeben worden wäre, sodass der Steuerschaden nicht eingetreten wäre.

Wie bereits in der Vorgängerfassung des § 5 Abs. 2 StDÜV entfällt auch die Haftung nach § 72a AO, soweit nachgewiesen werden kann, dass die unrichtige oder unvollständige Übermittlung der Daten oder die Verletzung der Pflichten nach § 87d AO nicht auf grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz beruhen. Dieses Haftungsprivileg dient dem Schutz des Vertrauensverhältnisses zwischen Auftragnehmer und Mandant, das im Regelfall nicht durch anlasslose oder stichprobenhafte Überprüfung der Identität des Mandanten belastet werden soll.

 

Rz. 7

In strafrechtlicher Hinsicht weist allein der Umstand, dass die Steuerdaten elektronisch übermittelt werden, keine zusätzlichen Besonderheiten auf.[1] Wie auch bei der Abgabe einer Steuererklärung in Papier ist anhand der inhaltlichen Verantwortung für die gemachten Erklärungen (sog. Erklärungsherrschaft) zu entscheiden, wer den Eintritt des Taterfolgs maßgeblich gesteuert hat. Selbst wenn der Inhalt der zu übermittelnden Steuererklärung maßgeblich auf eine Tätigkeit des Datenübermittlers zurückgeht, kommt dieser als Täter einer Tat i. S. d. § 370 AO dann nicht in Betracht, wenn er im Vertrauen auf die Richtigkeit der Angaben des Mandaten gehandelt hat[2] und er keine Veranlassung hatte, an deren Richtigkeit zu zweifeln.[3] Dies gilt umso mehr, wenn er die zu übermittelnden Daten vorab dem Mandanten zur Kenntnis gegeben hat.

Von der grundsätzlichen Annahme, dass unabhängig von der Person des Datenübermittlers die Erklärungsverantwortung bei dem Auftraggeber anzunehmen ist, ist auch dann auszugehen, wenn der Datenübermittler aufgrund der auf ihn lautenden Registrierung als gegenüber der Finanzbehörde authentifiziert gilt. Die Authentifizierungsverfahren ermöglicht die technische Übermittlung der Steuererklärung, verschiebt aber nicht ohne Weiteres die Erklärungsverantwortung zulasten des Authentifizierten.

Etwas anderes mag dann gelten, wenn ein auf den Auftraggeber rückführbarer Tatanteil nicht nachweisbar ist, weil dieser bestreitet, die Abgabe einer Erklärung in Auftrag gegeben zu haben und der Übermittler auch keinen Nachweis führen kann, dass ein Erklärungsbeitrag oder gar eine vorherige Genehmigung durch den Auftraggeber vorgelegen hat. Ob in einem solchen Fall der Übermittler in die strafrechtliche Verantwortung rückt, ist ungeklärt[4], aber wohl nur dann zu bejahen, wenn Anhaltspunkte für ein eigenes Interesse des Übermittlers am Erfolg der Tat vorliegen.

 

Rz. 8

Die Aufbewahrungspflicht für die zum Zwecke der Identifizierung angelegten Dokumente endet nach § 87d Abs. 2 S. 4 und 5 AO mit Ablauf von fünf Jahren nach der letzten Datenübermittlung. Die Frist, die auf den Lauf der Festsetzungsverjährung in § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO abgestimmt ist und um das regelmäßig zur Abgabe der Steuererklärung verstreichende Jahr verlängert wurde, sorgt dafür, dass jedenfalls für die Dauer, in der eine Haftungsschuld nach § 72a AO unter Beachtung der Haftungsfrist des § 191 Abs. 5 AO noch festgesetzt werden kann, die Dokumente noch vorgehalten werden müssen. Damit aber ist der Zeitpunkt der erfolgten Identifizierung für den Ablauf der Frist irrelevant. Entscheidend ist allein, wann der Auftragnehmer das letzte Mal Daten übermittelt hat.

[1] Beyer, NWB 17/2016, 1304.
[2] OLG Karlsruhe v. 19.3.1986, 3 Ws 147/85, DStZ/E 1986, 207 (für die Abgabe der Erklärung in Papier).
[3] OLG Köln v. 9.6.1993, 13 U 22/93, DStR. 1994, 443.
[4] Beyer, NWB 17/2016, 1304, 1309.

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