Rz. 2

Die Behörde handelt im Verwaltungsverfahren gegenüber Außenstehenden, die in diesem Verfahren als Beteiligte bezeichnet werden. § 78 AO regelt, welche Möglichkeiten der Beteiligung am Besteuerungsverfahren existieren und auf welche Weise diese Rechtsstellung begründet wird. Die Definition des Beteiligtenbegriffs wird erforderlich, weil die Abgabenordnung an die Beteiligtenstellung Rechte und Pflichten knüpft. Der Begriff des Beteiligten bezeichnet eine formelle verfahrensrechtliche Rechtsstellung.[1] Der Beteiligtenbegriff nach § 78 AO entspricht insoweit dem formellen Parteibegriff des gerichtlichen Verfahrens.[2]

 

Rz. 3

Der Beteiligte ist Rechtssubjekt des Verwaltungsverfahrens, d. h. Träger der eigenen verfahrensrechtlichen Rechte und Pflichten[3], wie z. B. dem Recht auf Gehör[4] oder dem Recht auf Bekanntgabe der Entscheidung. Der Beteiligte kann seine Rechte im Verwaltungsverfahren selbständig wahrnehmen oder sich vertreten lassen und auf diese Weise auf den Verfahrensablauf gestaltend, z. B. durch Anträge oder Rechtsbehelfe, einwirken (Aktivlegitimation) und muss Maßnahmen der Finanzbehörde gegen sich gelten lassen (Passivlegitimation). Zwischen der Finanzbehörde und dem Beteiligten entsteht ein dem Prozessrechtsverhältnis vergleichbares Verfahrensrechtsverhältnis mit gegenseitigen Berechtigungen und Verpflichtungen.[5]

 

Rz. 4

Diese verfahrensrechtliche Rechtsstellung als Beteiligter ist abzugrenzen von der materiellen Rechtsstellung als Steuerrechtssubjekt oder Stpfl. i. S. v. § 33 AO, d. h. der Fähigkeit, Träger materieller steuerlicher Rechte oder Pflichten zu sein. Der Träger materieller steuerlicher Rechte oder Pflichten ist nicht schon aufgrund dieser Rechtsstellung Beteiligter i. S. v. § 78 AO, sondern wird es ausschließlich dadurch, dass er den Tatbestand des § 78 AO erfüllt. In der Verwaltungsentscheidung gegenüber dem Beteiligten erfolgt die Konkretisierung seiner materiellen Rechtsstellung.[6] Umgekehrt wird die Beteiligtenstellung nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Beteiligte tatsächlich nicht Träger der speziellen Steuerpflichten, also materiell nicht Stpfl. i. S. v. § 33 AO ist. Die Finanzbehörde kann das Verwaltungsverfahren gegen Personen richten, wenn sie generell als Pflichtenträger in Betracht kommen. Sind die Beteiligten dann tatsächlich nicht Stpfl. i. S. v. § 33 AO oder fehlt ihnen die Beteiligungsfähigkeit, wirkt sich dies auf die materielle Rechtmäßigkeit des erlassenen Verwaltungsakts aus. Dieser ist rechtswidrig und ggf. sogar nichtig.[7]

[1] Kopp/Ramsauer/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 13 Rz. 8; Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 78 AO Rz. 8; Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 78 AO Rz. 4, 46; Rüsken, in Gosch, AO/FGO, § 78 AO Rz. 2.
[2] Martens, NJW 1976, 649f.; für das allgemeine Verwaltungsverfahren s. Kopp/Ramsauer/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 13 Rz. 1; zur Beteiligtenstellung im finanzgerichtlichen Verfahren s. § 57 FGO.
[3] Kopp/Ramsauer/Ramsauer, VwVfG, 19. Aufl. 2018, § 13 Rz. 1; Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 78 AO Rz. 11.
[5] Söhn, in HHSp, AO/FGO, § 78 AO Rz. 11.

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