2.2.1 Gegenstand

 

Rz. 4

Unter Gegenstand versteht die Vorschrift nicht nur den körperlichen Gegenstand[1], sondern auch Rechte und alle anderen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter, die einem Unternehmen dienen können.[2] Die gegenständliche Beschränkung der Haftung (vgl. Rz. 16) macht es allerdings erforderlich, dass als Gegenstand nur solche Wirtschaftsgüter angenommen werden, die der Zwangsvollstreckung zugänglich sind[3] oder werden können.[4] Ist eine Zwangsvollstreckung auf Dauer ausgeschlossen, scheidet eine Haftung aus. Die Belastung von Grundstücken mit Grundpfandrechten (z. B. Grundschulden) steht der Haftung nicht entgegen, wenn das Vorhandensein eines Sonderbetriebsvermögens zu prüfen ist. Das Grundstück muss nur uneingeschränkt und in vollem Umfang für die betrieblichen Zwecke zur Verfügung gestanden haben.[5] Die Haftung betrifft nämlich den Gegenstand und nicht den Wert des Gegenstands.

Als Gegenstand kommen nicht nur Sachen und Rechte, sondern auch Miteigentumsanteile i. V. m. Sondereigentum (Teileigentum) in Betracht.[6] Der Gegenstand muss geeignet sein, einem Unternehmen zu dienen. Das kann auch bei Teileigentum der Fall sein.

[1] = Sache, § 90 BGB.
[2] Ebenso Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 74 AO Rz. 5, Blesinger, in Kühn/v.Wedelstädt, AO/FGO, 22. Aufl. 2018, § 74 AO Rz. 6; a. A. für nichtkörperliche Wirtschaftsgüter AEAO, zu § 74 Nr. 1; vgl. zu dieser Frage Delcker, BB 1984, 55; zweifelnd Jestädt, DStR 1989, 243.
[4] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 74 AO Rz. 5.
[6] FG Nürnberg v. 6.7.1993, II 38/93, EFG 1993, 759; BFH v. 14.6.1994, VII B 239/93, BFH/NV 1995, 89.

2.2.2 Unternehmen

 

Rz. 5

Das Unternehmen ist als organisatorische Zusammenfassung von Mitteln zu verstehen, die der selbstständigen Ausübung einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit dienen. In Betracht kommen also nicht nur gewerbliche Unternehmen, sondern auch freiberufliche und land- und forstwirtschaftliche Betriebe. Der Begriff des Unternehmens stimmt zwar mit dem des § 75 AO (vgl. Rz. 5, 6) überein, nicht ganz jedoch mit dem aus § 1 Abs. 1a S. 2, § 2 Abs. 1 S. 2 UStG.[1] Sinn und Zweck der Haftungsvorschrift ergeben, dass eine Person, die ohne besondere organisatorische Grundlage allein durch wiederholte oder mit Wiederholungsabsicht getätigte, also nachhaltige, Umsätze umsatzsteuerlich zum Unternehmer wird, noch kein Unternehmen i. S. d. § 74 AO hat. Der dienende Gegenstand kann allerdings die entscheidende Organisation erfordern oder mit sich bringen.

[1] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 74 AO Rz. 8.

2.2.3 Dienen

 

Rz. 6

Der nicht im Eigentum des Unternehmers stehende, ihm aber möglicherweise gemäß § 39 AO steuerlich zuzurechnende Gegenstand dient dann dem Unternehmen, wenn er im Unternehmen nicht nur kurzfristig und vorübergehend eine Aufgabe erfüllt, eingesetzt, genutzt oder verwertet wird oder eine ähnliche Funktion erfüllt. Wegen des Zwecks der Haftungsvorschrift (vgl. Rz. 1) genügt es zur Haftungsbegründung nicht, wenn es sich um den Einsatz einzelner, für die Führung des Unternehmens völlig unbedeutender Sachen handelt.[1]

Umgekehrt braucht der Gegenstand aber auch nicht von ausschlaggebender, entscheidender Bedeutung für das Unternehmen zu sein. Es kommen nicht nur solche Gegenstände für die Haftung nach § 74 AO in Betracht, die zu den wesentlichen Grundlagen des Unternehmens i. S. d. § 75 AO gehören.[2] Die Abgrenzung bei der Haftung nach § 75 AO ist nämlich danach auszurichten, welche Wirtschaftsgüter ein Erwerber des Unternehmens zur Weiterführung des Unternehmens in gleicher Form benötigt. Für § 74 AO ist dagegen nur erforderlich, dass der Gegenstand eine Funktion im Unternehmen erfüllt. Er braucht im Übrigen nicht zum Betriebsvermögen i. S. d. EStG zu gehören. Die rechtliche Grundlage für das Dienen ist nicht maßgebend. Es kann durch Pacht- oder Unterpacht, Miet- oder Untermietvertrag oder auch durch schlichte Nutzungseinräumung herbeigeführt werden.[3]

 

Rz. 7

Bei einem kurzfristigen, vorübergehenden Zurverfügungstellen des Gegenstands kann eine Haftung nicht angenommen werden, da die betriebliche Substanz nicht verstärkt worden ist. Dient ein Gegenstand nur zu einem Teil dem Unternehmen, während ein anderer Teil unter Ausschluss des Unternehmens vom Eigentümer selbst oder von einer anderen Person genutzt wird, so scheidet eine Haftung mit dem gesamten Gegenstand aus, es sei denn, die andere teilweise Nutzung ist wegen Geringfügigkeit[4] zu vernachlässigen.[5] Die Begründung für die Haftung wäre nur für den im Unternehmen eingesetzten Teil gegeben. Wenn auch die Haftung nach dieser Vorschrift nicht tatsächlich nur eine Duldungspflicht ist (vgl. Rz. 16), so erfordert die gegenständliche Beschränkung der Haftung doch die Möglichkeit der Zwangsvollstreckung. Nur wenn und soweit diese Möglichkeit für Teile des Gegenstands vorhanden ist, kommt eine Haftung in Betracht.[6] Dient z. B. eine genau abgrenzbare Teilfläche eines Grundstücks dem Unternehmen, so i...

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