1 Grundlagen

1.1 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

Die Vorschrift geht zurück auf § 5 GemVO, der festlegte, dass die eigene Steuerbegünstigung bei Unterstützung anderer, ebenfalls steuerbegünstigter Körperschaften ebenso wenig gefährdet sein sollte wie im Falle der Überlassung von Arbeitskräften für steuerbegünstigte Zwecke an Dritte. Auch die Bildung von Rücklagen in bestimmtem Umfang und die Verwendung von Teilen des Einkommens einer Stiftung zugunsten des Stifters und seiner Angehörigen waren danach zulässig. Nachdem der Katalog der steuerlich unschädlichen Beteiligungen mit der AO 1977 erweitert und präzisiert worden war, wurde die Möglichkeit zur Bildung von Rücklagen in § 58 Nr. 7 AO durch das Steuerbereinigungsgesetz 1986[1] geschaffen. Das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen[2] hat mit Wirkung zum 1.1.2000 die Rücklagenbildung gem. § 58 Nr. 7a AO erweitert, die Erlaubnis zur Zuführung bestimmter Mittel zum Vermögen ausdrücklich geregelt[3] und zugunsten von Stiftungen die Möglichkeit der Bildung einer Ansparrücklage eingeführt.[4]

Mit dem Jahressteuergesetz 2010[5] wurde klarstellend der Begriff Körperschaft des öffentlichen Rechts durch juristische Person des öffentlichen Rechts ersetzt. Das Ehrenamtsstärkungsgesetz[6] hat § 58 AO neu strukturiert: die Vorschriften über die Rücklagenbildung sind nunmehr in § 62 AO zusammengefasst, in Abs. 3 wurde erstmalig die Möglichkeit von Zuwendungen an andere steuerbegünstigte Körperschaften zur Vermögensausstattung geregelt.

[1] StBereinG 1986 v. 19.12.1985, BGBl I 1985, 2436.
[2] StiftungsFördG v. 14.7.2000, BGBl I 2000, 1034.
[5] BGBl I 2010, 1768.
[6] V. 21.2.2013, BStBl I 2013, 556.

1.2 Bedeutung der Vorschrift

 

Rz. 2

§ 58 AO regelt Ausnahmen zu den gemeinnützigkeitsrechtlichen Grundprinzipien der Selbstlosigkeit[1], Ausschließlichkeit[2] und/oder Unmittelbarkeit.[3] Die Vorschrift trägt im Kern dem praktischen Bedürfnis gemeinnütziger Körperschaften Rechnung, steuerbegünstigte Zwecke arbeitsteilig verfolgen zu können, ohne dabei gegen die vorgenannten Grundsätze zu verstoßen (Nr. 1 bis 5).

Von den in § 58 AO normierten Bestätigungen muss das Tätigwerden als Mittelbeschaffungskörperschaft (Nr. 1) zwingend in der Satzung verankert sein.[4] Die in Nr. 2 bis 10 genannten Ausnahmetatbestände können auch ohne entsprechende Satzungsbestimmung verwirklicht werden; eine Ausnahme gilt für von Gebietskörperschaften errichtete Stiftungen, die zur Erfüllung ihrer steuerbegünstigten Zwecke Zuschüsse an Wirtschaftsunternehmen vergeben: hier muss nach Auffassung der Finanzverwaltung die mittelbare Zweckverwirklichung in der Satzung festgeschrieben sein.[5]

[5] AEAO Nr. 13, 11 zu § 58; einschränkend Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht 3. Aufl. 2015, Rz. 4.33.

2 Unschädliche Betätigungen

2.1 Beschaffung von Mitteln (Nr. 1)

2.1.1 Allgemeines

 

Rz. 3

Nr. 1 ist nach zutreffender herrschender Meinung eine Ausnahme vom Gebot der Unmittelbarkeit[1], nach der insbesondere Fördervereine und -stiftungen und Spendensammelvereine als steuerbegünstigt anerkannt werden können. Die Mittelbeschaffung kann Nebentätigkeit sein, wenn die Körperschaft auch unmittelbar selbst steuerbegünstigte Zwecke verfolgt, sie kann aber auch die ausschließliche Form der Erfüllung des eigenen Satzungszwecks sein.

[1] BFH v. 13.9.1989, I R 19/85, BStBl I1990, 28; Seer in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 58 AO Rz. 2; a. A. Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Aufl. 2015, Rz. 3.184, der die Mittelbeschaffung für andere steuerbegünstigte Körperschaften als eigenständigen steuerbegünstigten Zweck einstuft.

2.1.2 Empfängerkörperschaft

 

Rz. 4

Die Beschaffung und Weiterleitung von Mitteln ist sowohl an Körperschaften des privaten als auch des öffentlichen Rechts zulässig. Die Empfängerkörperschaft muss die Mittel ihrerseits für die Verwirklichung ihrer steuerbegünstigten Zwecke verwenden.

Die Beschaffung von Mitteln für eine unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft des privaten Rechts setzt voraus, dass die Empfängerkörperschaft selbst steuerbegünstigt ist; sie muss im Jahr der Zuwendung der Mittel über einen Freistellungsbescheid oder eine gesonderte Feststellung nach § 60a AO verfügen.

Nach Auffassung der Rechtsprechung müssen die steuerbegünstigten Zwecke der Empfängerkörperschaft denen der fördernden Körperschaft entsprechen[1]; damit ist eine Identität in den Freistellungsbescheiden bzw. den Feststellungsbescheiden nach § 60a AO gemeint.[2]

Das Erfordernis der Synchronität der Satzungszwecke wird damit begründet, dass den FÄ nur so möglich sei, zuverlässig zu prüfen, ob die beschafften Mittel auch für die Zwecke der Fördergesellschaft würden.[3] Diese Sichtweise vermag nicht zu überzeugen. Richtigerweise ist darauf abzustellen, wie die zugewendeten Mittel konkret verwendet werden: ist der konkrete Verwendungszweck sowohl vom Satzungszweck der Mittelbeschaffungskörperschaft als auch von demjenigen der Empfängerkörperschaft gedeckt, liegt eine zulässige Weiterleitung von Mitteln i. S . von Nr. 1 vor.[4]...

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