Rz. 88

Ob der Missbrauchsbegriff ein subjektives Tatbestandselement in Gestalt der Missbrauchsabsicht enthält, wird unterschiedlich beurteilt.[1] Dafür spricht nicht nur der Wortsinn des darin enthaltenen Präfix, sondern auch der Umstand, dass der BFH die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs in der Vergangenheit von einer zweckgerichteten Handlung zur Umgehung des Steuergesetzes abhängig gemacht hat.[2] Dem stehen allerdings vereinzelte Entscheidungen gegenüber, nach denen es für die Anwendung des § 42 AO auf subjektive Umstände nicht ankommen[3] und eine rechtliche Gestaltung durch eine Rechtsänderung auch nachträglich Umgehungscharakter annehmen können[4] soll.

Große praktische Bedeutung kommt dem Erfordernis der Missbrauchsabsicht allerdings nicht zu, weil es sich dabei um eine innere Tatsache handelt, auf deren Vorliegen oder Nichtvorliegen ohnehin nur anhand äußerer Umstände geschlossen werden kann. Deshalb lässt eine objektiv missbräuchliche Gestaltung darauf schließen, dass der Stpfl. in Missbrauchsabsicht gehandelt hat.[5] Dieses Indiz kann aber durch den Nachweis beachtlicher außersteuerlicher Gründe i. S. v. § 42 Abs. 2 S. 2 AO widerlegt werden.[6]

Rz. 89 einstweilen frei

[1] Bejahend: Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor § 42 AO Rz. 24; Stöber, in Gosch, AO/FGO, § 42 AO Rz. 90; Klein/Ratschow, AO, 15. Aufl. 2020, § 42 Rz. 75; verneinend: Fischer, in HHSp, AO/FGO, § 42 AO Rz. 114; Koenig/Koenig, AO, 3. Aufl. 2014, § 42 Rz. 35.
[6] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, Vor § 42 AO Rz. 24; Stöber, in Gosch, AO/FGO, § 42 AO Rz. 90.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge