Rz. 2

Der Anspruchsberechtigte im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren hat einen Rechtsanspruch auf Entschädigung, die allerdings nur auf Antrag geleistet wird. Die Mitwirkung im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren ist eine allgemeine staatsbürgerliche Pflicht. § 405 AO i. V. m. dem JVEG bringt demgemäß eine abschließende Regelung für den Entschädigungsanspruch sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach.[1] Darüber hinaus können Entschädigungen nicht beansprucht werden. Nur in den Fällen der Staatshaftung (Amtshaftung, enteignender oder enteignungsgleicher Eingriff) kommt ein Schadenersatzanspruch in Betracht.

2.1 Anspruchsberechtigte

2.1.1 Zeugen

 

Rz. 3

Zeugen sind Personen, die in einem gegen einen anderen gerichteten Ermittlungsverfahren eine persönliche Wahrnehmung über in der Vergangenheit liegende Tatsachen bekunden.[1]

Anspruchsberechtigt ist nur der jeweilige Zeuge. Bedient sich der Zeuge bei Erfüllung seiner Aussagepflicht eines Bevollmächtigten oder eines Beistands, so kann diese Hilfsperson keinen Entschädigungsanspruch gegen die Finanzbehörde erlangen.[2] Die Aufwendungen des Zeugen für den Beistand werden nach dem JVEG nicht erstattet.[3] Kosten eines rechtlichen Beraters können allerdings nach dem RVG erstattungsfähig sein, wenn ein solcher zur Wahrnehmung der Rechte des Zeugen nach § 68b StPO beigeordnet ist.[4]

[1] Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl. 2022, Vor § 48 StPO Rz. 1.
[2] Binz, in Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG/FamGKG, JVEG, 5. Aufl. 2021, § 19 JVEG Rz. 1.
[3] § 1 Abs. 1 S. 3 JVEG; Seipl, in Gosch, AO/FGO, § 405 AO Rz. 22.

2.1.2 Sachverständige

 

Rz. 4

Sachverständige sind Personen, die aufgrund besonderer Sachkunde berufen sind, im Verfahren über Erfahrungssätze einer Wissenschaft oder eines Lebenssachverhalts auszusagen und i. d. R. aus ihnen Schlussfolgerungen auf konkrete Tatsachen zu ziehen.[1] Sachverständige und Zeugen unterscheiden sich durch den Inhalt der Aussage. Der Zeuge berichtet über selbst wahrgenommene Tatsachen in der Vergangenheit, während der Sachverständige aufgrund eines mitgeteilten oder von ihm zu ermittelnden Sachverhalts ein Gutachten erstattet. Berichtet jemand über Tatsachen, zu deren Wahrnehmung er nur aufgrund besonderer Sachkunde fähig war, so ist er nicht Sachverständiger i. S. d. StPO und des JVEG, sondern kann nur als Zeuge[2] entschädigt werden. Die Entschädigung erfolgt gem. § 9 Abs. 1 JVEG i. V. m. der Anlage 1 zu § 9 Abs. 1 S. 1 JVEG. Dort ist ein unterschiedlicher Stundensatz je nach Profession des Sachverständigen vorgesehen.

[1] Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl. 2022, Vor § 72 StPO Rz. 1.
[2] Sachverständiger Zeuge; § 85 StPO.

2.1.3 Dolmetscher und Übersetzer

 

Rz. 5

Auch Dolmetscher und Übersetzer werden nach dem JVEG entschädigt[1], mangels Erwähnung in § 405 AO jedenfalls, soweit das JVEG unmittelbar anzuwenden ist (s. Rz. 1a). Dolmetscher werden ähnlich wie Sachverständige behandelt. Allerdings erhalten Sie ein Zeithonorar von nur 85 EUR.[2] Übersetzer erhalten ein Zeilenhonorar nach § 11 JVEG, das sich nach der Menge des übersetzten Textes richtet.

[1] § 1 Abs. 1 Nr. 1 JVEG; Webel, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 405 AO Rz. 4.

2.1.4 Banken und Kreditinstitute

 

Rz. 6

Kontounterlagen sind Gegenstände, die als Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein können.[1] Gemäß § 95 Abs. 1 StPO ist der Gewahrsamsinhaber verpflichtet, die Unterlagen herauszugeben. Erfolgt die Herausgabe nicht freiwillig, so sind die Unterlagen zu beschlagnahmen.[2] Banken oder Kreditinstitute haben einen Entschädigungsanspruch nach § 23 JVEG, wenn sie aufgrund eines Ersuchens der Strafverfolgungsorgane zur Abwendung der Beschlagnahme Kontounterlagen heraussuchen und kopieren. Eine Belastung des Kunden mit den entstehenden Kosten ist grundsätzlich nicht zulässig und kann auch nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen zu Lasten des Bankkunden gehen.[3]

[3] Talaska, in Streck/Spatscheck/Talaska, Die Steuerfahndung, 5. Aufl. 2017, C. Ermittlungen bei Dritten Rz. 796.

2.1.5 Telekommunikationsunternehmen

 

Rz. 6a

Einen Anspruch auf Entschädigung als Dritte i. S. d. § 23 Abs. 1 JVEG haben auch Telekommunikationsunternehmen.[1]

Ihre Entschädigung richtet sich entsprechend dem angefallenen Aufwand nach Anlage 3 zu § 23 Abs. 1 JVEG. Von den Telekommunikationsunternehmen zu unterscheiden sind Diensteanbieter nach dem Telemediengesetz.[2]

Sie werden nicht nach § 23 Abs. 1 JVEG, sondern nach § 23 Abs. 2 Nr. 2 JVEG i. V. m. §§ 19, 22 JVEG wie Zeugen entschädigt.[3]

[1] TK-EntschNeuOG v. 29.4.2009, BGBl. I 2009, 994.
[2] Zum Begriff § 2 Nr. 1 TMG.
[3] Binz, in Binz/Dörndorfer/Zimmermann, GKG/FamGKG/JVEG, 5. Aufl. 2021, § 23 JVEG Rz. 2.

2.2 Heranziehung durch die Finanzbehörde

 

Rz. 7

Die Entschädigungsberechtigten müssen nach § 405 AO von der Finanzbehörde zu Beweiszwecken herangezogen worden sein. Die Heranziehung geschieht nach § 161a StPO i. V. m. §§ 48ff. StPO für Zeugen und i. V. m. §§ 72ff. StPO für Sachverständige. Maßgeblich ist die Ladu...

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