Rz. 108

Keine Rechtsnormen i. S. d. § 4 AO sind die Verwaltungsanordnungen oder Verwaltungsvorschriften, deren Ziel in erster Linie die Vereinheitlichung und Vereinfachung der Besteuerungspraxis ist. Sie enthalten bindende verwaltungsinterne Anweisungen von im Behördenaufbau weisungsbefugten Stellen an nachgeordnete Dienststellen. Als bloßes Innenrecht entfalten sie grundsätzlich keine Bindungswirkung gegenüber den Stpfl. und den Gerichten und sind grundsätzlich allein Gegenstand, nicht aber Maßstab gerichtlicher Kontrolle.[1] Davon geht auch die BFH-Rspr. aus.[2] Verwaltungsvorschriften bedürfen grundsätzlich keiner gesetzlichen Ermächtigung, sondern finden ihre Rechtsgrundlage in der ungeschriebenen Organisations- und Geschäftsleitungsbefugnis der Verwaltung[3] und ferner in der für den Vollzug der Steuergesetze verfassungsgebotenen Gleichheit im Belastungserfolg.[4]

 

Rz. 109

Ein Anspruch des Stpfl. auf Einhaltung solcher Anweisungen und damit eine Bindungswirkung auch der anweisenden Stellen kann sich ausnahmsweise aus dem Gleichheitssatz oder aus der Selbstbindung der Verwaltung ergeben. Die Verwaltung, die die Masse aller Fälle gleich behandelt, darf nicht willkürlich in Einzelfällen anders verfahren. Dies folgt aus dem Gleichheitssatz, nicht dagegen aus dem Grundsatz von Treu und Glauben. Dieser Grundsatz kann nur in einem konkreten Verhältnis zwischen Finanzbehörde und Stpfl. angewendet werden, um das es in einem solchen Fall gerade nicht geht.[5]

[3] BVerfG v. 15.7.1969, 2 BvF 1/64, BVerfGE 26, 338/396.
[4] Kirchhof, in Festschr. Meyding, 2004, 11.
[5] Koenig/Koenig, AO, 4. Aufl. 2021, § 4 Rz. 58f.; zu Nichtanwendungserlassen vgl. Rz. 123 ff.

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