Rz. 19

§ 393 Abs. 1 S. 2 AO verbietet die Zwangsmittelanwendung, wenn der Stpfl. durch die Erfüllung seiner steuerlichen Pflicht gezwungen würde, sich wegen einer von ihm begangenen Tat zu belasten.

Die Verfolgungsgefahr muss für den Stpfl. hinsichtlich einer "von ihm begangenen" Tat gegeben sein. Er muss Tatbeteiligter sein, d. h., er muss Täter in jeder Form der Täterschaft (Allein-, Mit- oder der Nebentäter) oder Teilnehmer (Gehilfe oder Anstifter) der Tat sein.[1]

 

Rz. 19a

§ 393 Abs. 1 S. 2 AO findet keine Anwendung, wenn die Verfolgungsgefahr hinsichtlich einer anderen Person besteht, die die Tat zugunsten des Stpfl. begangen hat und dieser an ihr nicht beteiligt war.

Allerdings ist § 393 Abs. 1 S. 2 AO dann einschlägig, wenn ein Mitwirkungsgebot hinsichtlich einer anderen Person besteht, wie dies bei Personen, die nach §§ 34, 35 AO verpflichtet sind, der Fall sein kann.[2]

 

Rz. 19b

Nicht sicher geklärt ist die Frage, ob das Zwangsmittelverbot auch eingreift, wenn dem mitwirkungspflichtigen Angehörigen das Mitwirkungsverweigerungsrecht nicht zusteht, weil er selbst in dem Verfahren Stpfl. oder gesetzlicher Vertreter ist. Die h. M. geht – m. E. zutreffend – davon aus, dass eine entsprechende Anwendung des § 393 Abs. 1 S. 2 AO insoweit nicht in Betracht kommt.[3] Um die hier, sicherlich nur in Ausnahmefällen, vorhandene "Lücke im persönlichen Schutzbereich"[4] zu schließen, wird aber ein strafrechtliches Verwendungsverbot angenommen, allerdings überwiegend nur für nahe Angehörige i. S. v. § 52 Abs. 1 StPO.[5]

 

Rz. 19c

§ 393 Abs. 1 S. 2 AO findet auch keine Anwendung, wenn die Verfolgungsgefahr hinsichtlich eines Vorgängers des Geschäftsführers besteht.[6] In dem Sonderfall des § 371 Abs. 4 AO könnte jedoch eine die Strafverfolgung ausschließende Fremdanzeige vorliegen.[7]

[1] Tormöhlen, in HHSp, AO/FGO, § 393 AO Rz. 87; Hilgers-Klautzsch, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 393 AO Rz. 88; Seipl, in Gosch, AO/FGO, § 393 AO Rz. 66.
[2] Karstens, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 393 AO Rz. 38.
[3] Karstens, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 393 AO Rz. 39; Hilgers-Klautzsch, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 393 AO Rz. 81; Seipl, in Gosch, AO/FGO, § 393 AO Rz. 83 jeweils m. w. N.
[4] Tormöhlen, in HHSp, AO/FGO, § 393 AO Rz. 80.
[5] Tormöhlen, in HHSp, AO/FGO, § 393 AO Rz. 81f.; Klein/Jäger, AO, 16. Aufl. 2022, § 393 Rz. 37.
[6] Seipl, in Gosch, AO/FGO, § 393 AO Rz. 80.

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