Rz. 40

Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften wird der Erwerber wirtschaftlicher Eigentümer, wenn er aufgrund eines zivilrechtlichen Rechtsgeschäfts eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat und die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte sowie das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind.[1] Danach erlangt wirtschaftliches Eigentum, wer nach dem Inhalt der getroffenen Abrede alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte (Vermögens- und Verwaltungsrechte, insbesondere Gewinnbezugs- und Stimmrecht) ausüben und im Konfliktfall effektiv durchsetzen kann.[2] Für den Übergang des Stimmrechts reicht es aus, dass der Veräußerer aufgrund der getroffenen Vereinbarungen im Innenverhältnis zum Erwerber bei der Stimmabgabe dessen Interessen wahrzunehmen hat.[3] Dem Umstand, dass die mit den Aktien verbundenen Verwaltungsrechte noch nicht auf den Erwerber übergegangen sind, kommt kein entscheidendes Gewicht zu, wenn dieser aufgrund einer gesicherten Rechtsposition jederzeit die Möglichkeit hat, diese durch Kaufpreiszahlung ohne weiteres an sich zu ziehen.[4] Wirtschaftliches Eigentum ist auch dann gegeben, wenn – einander nicht nahestehende – Vertragsparteien die in einem formunwirksamen Vertrag getroffenen Vereinbarungen tatsächlich durchführen.[5] Auch bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen führt die zivilrechtliche Unwirksamkeit eines Vertragsabschlusses nicht ausnahmslos zum Ausschluss der steuerlichen Anerkennung des Vertragsverhältnisses.[6]

Ist das zivilrechtliche Eigentum an dem Kapitalanteil auf den Erwerber übergegangen, steht es dem Übergang auch des wirtschaftlichen Eigentums nicht entgegen, dass besondere Vereinbarungen über einen Teil der Gewinnbezugsrechte getroffen wurden.[7]

 

Rz. 40a

Die Frage, ob der an einem Kapitalgesellschaftsanteil Unterbeteiligte i. S. v. § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO die Stellung eines wirtschaftlichen (Mit-)Inhabers erlangt, ist nicht nach der in der kautelarjuristischen Praxis gängigen und in ihrem Bedeutungsgehalt variierenden Unterscheidung zwischen "typischer" und "atypischer" Unterbeteiligung zu beantworten. Maßgeblich ist vielmehr einzig und allein, ob die im jeweiligen Einzelfall getroffene Abrede – ungeachtet ihrer Bezeichnung – nach Inhalt und Vollzug dazu führt, dass der Berechtigte alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Rechte ausüben kann.[8]

Hinsichtlich der Verwaltungsrechte ist es unerheblich, dass das Stimmrecht im Verhältnis zur Gesellschaft nach den gesellschaftsrechtlichen Bestimmungen nur vom zivilrechtlichen Inhaber ausgeübt werden kann und dieser somit lediglich im Innenverhältnis zum Unterbeteiligten zur Wahrnehmung seiner Interessen verpflichtet sein kann. Dem Unterbeteiligten müssen jedoch effektive (d. h. im Konfliktfall durchsetzbare) Mitverwaltungsrechte eingeräumt werden. Nicht ausreichend ist es insoweit, wenn der Unterbeteiligte hinsichtlich der Wahrnehmung seiner Verwaltungsrechte den Maßnahmen des zivilrechtlichen Inhabers unterworfen und dieser lediglich zur "Berücksichtigung der Interessen" des Unterbeteiligten verpflichtet ist.[9]

Damit in gestuften Unterbeteiligungsverhältnissen der Unter-Unterbeteiligte als wirtschaftlicher (Mit-)Inhaber des Kapitalgesellschaftsanteils qualifiziert werden kann, müssen ebenfalls alle mit der Beteiligung verbundenen wesentlichen Recht an ihn "durchgeleitet" werden. Dabei ist nicht allein auf die Mitwirkung an sog. Grundlagengeschäften abzustellen und es genügt auch nicht den steuerrechtlichen Anforderungen an die effektive Durchsetzbarkeit von Rechten im Konfliktfall, den Unterbeteiligten hinsichtlich der Mitwirkung an bestimmten Grundlagengeschäften auf die in der konkreten Anwendung in ihrer Reichweite unbestimmte gesellschaftsrechtliche Treuepflicht zu verweisen.[10]

 

Rz. 40b

Bei Pensionsgeschäften i. S. v. § 340b HGB ist zwischen echten und unechten Pensionsgeschäften zu unterscheiden. Bei unechten Pensionsgeschäften, bei denen der Pensionsnehmer lediglich berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, die Wertpapiere zu einem vorher bestimmten oder von ihm zu bestimmenden Zeitpunkt zurück zu übertragen[11], geht das wirtschaftliche Eigentum auf den Pensionsnehmer über.[12] Bei echten Pensionsgeschäften, bei denen der Pensionsnehmer verpflichtet ist, die Wertpapiere zu einem bestimmten oder vom Pensionsgeber zu bestimmenden Zeitpunkt, zurück zu übertragen[13], kommt es auf die Umstände des Einzelfalls an.[14] Gleiches gilt im Fall der Wertpapierleihe. Dabei handelt es sich um einem Sachdarlehensvertrag, bei dem der Verleiher dem Entleiher das Eigentum an bestimmten Wertpapieren überträgt und der Entleiher nach Ablauf der Darlehenslaufzeit dazu verpflichtet ist, dem Verleiher nicht dieselben, sondern Wertpapiere gleicher Art und Güte zurück zu übertragen.[15] Von besonderer Bedeutung ist in diesen Fällen die börsennotierten Wertpapieren immanente Chance, durch Verkauf/Ankauf zu unterschiedlichen Zeitpunkten ggf....

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