1 Grundlagen

 

Rz. 1

§ 389 AO bringt eine Erweiterung der nach § 388 AO begründeten örtlichen Zuständigkeit im Steuerstrafverfahren. Diese setzt die funktionelle[1] und die sachliche[2] Zuständigkeit der betreffenden Finanzbehörde i. S. v. § 386 AO voraus, sodass bei verschiedener sachlicher Zuständigkeit § 389 AO keine Anwendung findet.[3]

Für Steuerordnungswidrigkeiten gilt gem. § 410 Abs. 1 Nr. 1 AO die Vorschrift entsprechend.

 

Rz. 2

Die Regelung schafft einen selbstständigen Zuständigkeitstatbestand, wie er sich auch in § 13 StPO und § 38 OWiG findet. Dieser soll eine sachdienliche Ermittlungstätigkeit ermöglichen, wenn mehrere Steuerstrafsachen in einem Zusammenhang stehen. Jede nunmehr nach § 389 AO zuständige Finanzbehörde i. S. v. § 386 AO ist befugt, hinsichtlich aller im Zusammenhang stehenden Strafsachen zu ermitteln. Da durch § 389 AO für die örtliche Zuständigkeit eine mehrfache Zuständigkeit für dieselbe Strafsache begründet wird, besteht die Möglichkeit der Zuständigkeitsübertragung nach § 390 Abs. 2 AO.

 

Rz. 3

Strafsachen i. S. v. § 389 S. 1 AO sind alle Strafsachen, auf die sich die Ermittlungskompetenz der Finanzbehörde i. S. v. § 386 AO erstreckt.[4] Die Zuständigkeit nach § 389 AO wird auch dann begründet, wenn der persönliche oder sachliche Zusammenhang zu einer Steuerordnungswidrigkeit besteht.[5]

 

Rz. 4

Die Zuständigkeit des Zusammenhangs nach § 389 AO ist abhängig vom Fortbestand des Zusammenhangs.[6] Entfällt der Zusammenhang erst im gerichtlichen Verfahren, bei einem Verfahren der Finanzbehörde folglich mit Stellung eines Antrags auf Erlass eines Strafbefehls[7], so wird hierdurch die örtliche Zuständigkeit der Finanzbehörde nicht mehr berührt.[8]

[3] Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 389 AO Rz. 4; Seipl, in Gosch, AO/FGO, § 389 AO Rz. 5f.; Nr. 24 Abs. 3 AStBV (St) 2023.
[4] Bülte, in HHSp, AO/FGO, § 389 AO Rz. 8.
[5] Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 389 AO Rz. 3.
[6] BGH v. 20.12.1961, ARs 158/61, NJW 1962, 499; Hilgers-Klautzsch, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 389 AO Rz. 28.
[7] Bülte, in HHSp, AO/FGO, § 389 AO Rz. 28; Klaproth, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, Vor §§ 385408 AO Rz. 9.

2 Zuständigkeit des Zusammenhangs

2.1 Gesetzliche Begriffsbestimmung

 

Rz. 5

Für die Bestimmung des Zusammenhangs gilt nach § 389 S. 2 AO die Regelung des § 3 StPO entsprechend. Ein Zusammenhang ist hiernach vorhanden, wenn

  • eine Person mehrerer Straftaten beschuldigt wird, wobei es nicht auf einen inhaltlichen Zusammenhang der Taten ankommt, oder
  • bei einer Tat mehrere Personen als Täter, Teilnehmer oder der Begünstigung, Strafvereitelung oder Hehlerei beschuldigt werden.

Ein Zusammenhang ist darüber hinaus gegeben, wenn beide Merkmale erfüllt werden.[1] Dieser Zusammenhang ist beispielsweise in den Fällen der Steuerhinterziehung von Bedeutung, in denen Wohnsitz- und BetriebsstättenFA auseinanderfallen.

 

Rz. 6

Die Straftat i. S. v. § 3 StPO ist die strafprozessuale Tat nach § 264 StPO.[2]

§ 389 AO findet nur Anwendung, wenn es sich um strafrechtlich selbstständige Taten handelt, also um verschiedene Taten. Werden mehrere Taten zu einer einheitlichen Tat im Rechtssinn[3] zusammengefasst, so ergibt sich die örtliche Zuständigkeit für die Ermittlungen hinsichtlich des gesamten Sachverhalts bereits aus § 388 AO.[4]

[1] Geilhorn, in KK-StPO, 9. Aufl. 2023, § 3 StPO Rz. 5.
[2] Schmitt, in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 65. Aufl. 2022, § 3 StPO Rz. 2; Bülte, in HHSp, AO/FGO, § 389 AO Rz. 16; Hilgers-Klautzsch, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 389 AO Rz. 23; Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 389 AO Rz. 9.
[4] Klein/Jäger, AO, 16. Aufl. 2022, § 389 Rz. 2.

2.2 Zusammenhang durch den Täter

 

Rz. 7

Der die örtliche Zuständigkeit der Finanzbehörde nach § 389 S. 1 AO begründende perönliche Zusammenhang ist gegeben, wenn der Verdacht besteht, dass derselbe Täter mehrere Straftaten begangen hat.[1]

Etwas anderes ergibt sich dann, wenn der Täter die Taten teilweise als Heranwachsender, teilweise als Erwachsener begangen hat. In diesem Fall wird bei zusammenhängender Verhandlung einheitlich das Jugendgericht tätig. Die Finanzbehörde kann in diesem Fall wegen § 79 Abs. 1 JGG keinen Strafbefehl beantragen.[2]

[1] Randt, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 389 AO Rz. 7.

2.3 Zusammenhang durch die Tatbeteiligung

 

Rz. 8

Der die örtliche Zuständigkeit der Finanzbehörde nach § 389 S. 1 AO begründende Zusammenhang ist auch durch die Beteiligung an der Tat gegeben. Die Ermittlungsbefugnis erstreckt sich auf jeden an der Tat beteiligten Täter oder Teilnehmer, wobei das Gewicht des einzelnen Tatbeitrags für die Gesamttat unerheblich ist.[1]

 

Rz. 9

Dies gilt auch für die selbstständig als Folgetat zu ahndenden Teilnahmeformen, wie die Begünstigung[2] und die Steuerhehlerei.[3] Die in § 3 StPO erwähnte Strafvereitelung[4] kann dagegen den Zusammenhang i. S. v. § 389 AO nicht begründen, da der Finanzbehörde die funktione...

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