Rz. 9

§ 381 Abs. 1 Nr. 1 AO erfasst alle allgemeinen Pflichten, die Steuergesetze dem einzelnen Pflichtigen zum Zweck der Vorbereitung, Sicherung oder Nachprüfung der Besteuerung auferlegen. Deshalb können nicht nur die Verletzung von Erklärungs- und Anzeigepflichten, sondern jeder zur Vorbereitung, Sicherung oder Nachprüfung der Besteuerung auferlegten Pflicht als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.[1] Es handelt sich dabei insb. um Anschreibe-, Aufbewahrungs-, Aufzeichnungs-, Buchführungs-, Erklärungs- und Vorlagepflichten sowie Pflichten zur Sicherung von Waren.[2]

 

Rz. 10

Die bezeichneten Pflichten müssen nach dem klaren Wortlaut des § 381 Abs. 1 Nr. 1 AO aus steuerlichen Gründen ("zur Vorbereitung, Sicherung oder Nachprüfung der Besteuerung") auferlegt sein. Folglich werden Pflichten, die ausschließlich aus lebensmittelrechtlichen[3] oder wettbewerbsrechtlichen Gründen bestehen, nicht von § 381 Abs. 1 Nr. 1 AO erfasst. Dasselbe gilt für Obliegenheitsverletzungen, von denen Steuervergünstigungen abhängen.[4]

Die von § 381 Abs. 1 Nr. 1 AO erfassten Pflichten dienen vor allem der Kontrolle des Betriebs, der Betriebsvorgänge, der Waren und deren Entfernung aus dem Herstellungsbetrieb. Beispielhaft[5] sind zu nennen

 

Rz. 10a

Teilweise wird vertreten, dass in den Fällen, in denen die Ahndung einer Zuwiderhandlung gegen Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten in Ermangelung einer Rückverweisung nicht möglich ist, auch der Tatbestand des § 379 Abs. 1 Nr. 3 AO gesperrt sei.[6] Diese Ansicht überzeugt jedoch nicht, da § 381 Abs. 1 Nr. 1 AO zwar durchaus spezieller ist und § 379 Abs. 1 Nr. 3 AO verdrängt. Für die Annahme, dass § 381 Abs. 1 Nr. 1 AO aufgrund der Wirkung der Rückverweisungsklausel auch in dem Fall, dass gerade keine Rückverweisung vorliegt, andere Normen ebenso sperrt, als wenn eine Rückverweisung vorhanden wäre, ist jedoch keine Grundlage erkennbar.[7]

[1] Vgl. BT-Drs. 7/4292, 45.
[2] Matthes, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 78. Lfg. 01.2023, § 381 AO Rz. 23; Pfaff, StBP 1979, 18, 19.
[3] Z. B. das Reinheitsgebot in § 9 BierStG.
[4] Z. B. Anträge auf Erstattung gem. § 5 Abs. 2 i. V. m. § 4 BierStG; Jäger/ Ebner, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 381 AO Rz. 16; Traut, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 381 AO Rz. 12.
[5] Vgl. auch Hunsmann, in Hüls/Reichling, Steuerstrafrecht, 1. Aufl. 2016, § 381 AO Rz. 21; Matthes, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, 78. Lfg. 01.2023, § 381 AO Rz. 26.
[6] Jäger/ Ebner, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl. 2023, § 381 AO Rz. 17.
[7] Im Ergebnis ebenso Hunsmann, in Hüls/Reichling, Steuerstrafrecht, 1. Aufl. 2016, § 381 AO Rz. 39.

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