Organisation und Durchführung der Jägerprüfung

Ein gemeinnütziger Verein, zu dessen satzungsmäßigen Zwecken auch der Naturschutz und die Landschaftspflege gehören, begründet mit der Organisation und Durchführung der Jägerprüfung einen allgemeinen Zweckbetrieb.

Hintergrund: Abnahme der Jägerprüfung

Streitig war, ob die Organisation und Durchführung (Abnahme) von Jägerprüfungen durch einen Verein in 2008/2009 einen (steuerfreien) Zweckbetrieb begründet.

Der gemeinnützige Verein fördert u.a. den Naturschutz und die Landschaftspflege, den Tierschutz sowie die Aus- und Weiterbildung, wie auch Maßnahmen zur Unfallverhütung und die Wahrung des Brauchtums.

Diese Zwecke sollen u.a. erreicht werden durch die Hege, Sicherung und Verbesserung der natürlichen Lebensgrundlagen der heimischen Tier- und Pflanzenwelt sowie die Aus- und Weiterbildung der Mitglieder, insbesondere auf den Gebieten des Naturschutzes, der Hege, der Jagdpraxis, der Wildhygiene sowie des traditionellen Brauchtums.

In 2008 übertrug das zuständige Landesministerium dem Verein für 2009 bis 2013 die Organisation und Durchführung der Jägerprüfung im Wege der Beleihung. Die Jägerprüfung besteht aus einer Schießprüfung sowie einem schriftlichen und einem mündlich-praktischen Teil. Dabei müssen Kenntnisse des Jagdwesens nachgewiesen werden (z.B. Wildarten, Wildhege, Land- und Waldbau, Jagdrecht).

Für die Organisation und Durchführung der Jägerprüfungen erhob der Verein Gebühren nach dem Gebührengesetz des Bundeslandes sowie der Gebührenordnung des Ministeriums. Außerdem erhielt der Verein für die Maßnahmen "Beleihung Jägerprüfung - Vorbereitung" und "Überarbeitung der Fragen für die schriftliche Jägerprüfung" Zuwendungen vom Ministerium. Sowohl die Gebühren als auch die Zuwendungen ordnete der Kläger seinem steuerfreien Zweckbetrieb zu, während er z.B. das Abhalten von Kursen in der Jagdschule als wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb behandelte.

Das FA vertrat die Auffassung, auch die Übernahme und Durchführung der Jägerprüfung gehöre zum wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb des Vereins. Es liege kein Zweckbetrieb nach § 65 AO vor, weil die Abnahme der Prüfung nicht der unmittelbaren Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke diene. Außerdem stehe die Beleihung der Annahme eines Zweckbetriebs entgegen, da der Verein aufgrund öffentlichen Rechts und nicht aufgrund der Vereinssatzung tätig geworden sei.

Die Klage hatte Erfolg. Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb "Abnahme der Jägerprüfung" erfülle die Voraussetzungen eines steuerbegünstigten Zweckbetriebs, sodass die Gewinne hieraus nicht dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb zuzurechnen seien.

Entscheidung: Steuerfreier Zweckbetrieb

Der BFH wies die Revision des FA als unbegründet zurück. Die Organisation und Durchführung der Jägerprüfung gehört zum steuerfreien Zweckbetrieb des Vereins (§ 65 AO).

Wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb

Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb ist eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht (§ 14 Satz 1 AO). Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich (§ 14 Satz 2 AO). Ebenso muss keine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vorliegen (BFH v. 27.3.2001, I R 78/99, BStBl II 2001, S. 449).

Diese Voraussetzungen sind bei dem Verein erfüllt. Die über mehrere Jahre erfolgte Organisation und Abnahme der Jägerprüfung stellt eine selbständige und nachhaltige Tätigkeit dar, die über eine reine Vermögensverwaltung hinausgeht.

Steuerfreier Zweckbetrieb

Der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb muss unmittelbar der Verwirklichung des steuerbegünstigten Zwecks dienen (§ 65 Nr. 1 AO; BFH v. 17.2.2010, I R 2/08, BStBl II 2010, S. 1006). Der Verein diente in seiner Gesamtrichtung dazu, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke zu verwirklichen (§ 65 Nr. 1 AO). Denn zur Pflege und Sicherung der Lebensräume der wildlebenden Arten sind Jäger notwendig sind und ohne die Organisation und Abnahme der Jägerprüfung würde es in absehbarer Zeit keine Jäger mehr geben.

Die Beleihung mit der Tätigkeit ist unerheblich

Der Zweckbetriebseigenschaft steht nicht entgegen, dass der Kläger die Organisation und Durchführung der Jägerprüfung aufgrund einer Beleihung übernimmt. Denn die Qualifikation als Zweckbetrieb setzt nicht voraus, dass dieser allein aufgrund der Satzung betrieben wird. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass eine gemeinnützige Körperschaft zugleich mit ihrem Satzungszweck auch öffentlich-rechtlich tätig wird und ihre Verpflichtungen gegenüber der beleihenden Körperschaft erfüllt.

Erforderlichkeit des Zweckbetriebs

Für die Frage, ob die steuerbegünstigten Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können (§ 65 Nr. 2 AO), kommt es darauf an, ob der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb das unentbehrliche und einzige Mittel zur Erreichung des steuerbegünstigten Zwecks ist (BFH v. 26.8.2021, V R 5/19, BFH/NV 2022, S. 166, Rz. 32). Das ist hier deshalb gegeben, weil die Prüfung künftiger Jäger zur Erreichung des Vereinszwecks unentbehrlich ist. Denn es gibt keine andere Möglichkeit zur ordnungsgemäßen Erhaltung der Wildbestände als die vorherige Ablegung der Jägerprüfung.

Keine Wettbewerbsverzerrungen

Wettbewerbsverzerrungen i.S. von § 65 Nr. 3 AO zu nicht begünstigten Personen sind im Streitfall ausgeschlossen. Denn im betreffenden Bundesland gibt es für die Organisation und Abnahme der Jägerprüfung keinen Konkurrenten und in den anderen Bundesländern ist für die Jägerprüfung in der Regel die jeweilige Landesbehörde zuständig.

Hinweis: Keine unionsrechtlich unzulässige Beihilfe

Es liegt keine den Wettbewerb beschränkende oder den Handel beeinträchtigende unzulässige Beihilfe i.S.v. Art. 107 Abs. 1 AEUV vor. Denn im betreffenden Bundesland ist der Verein der einzige Anbieter für Jägerprüfungen und damit konkurrenzlos. Damit erübrigt sich auch eine Vorlage an den EuGH nach Art. 267 Abs. 3 AEUV.

BFH Urteil vom 21.04.2022 - V R 26/20 (veröffentlicht am 18.08.2022)

Alle am 18.08.2022 veröffentlichten Entscheidungen des BFH mit Kurzkommentierungen