Rz. 19

Der Tatbestand des § 374 AO nennt vier Tathandlungen: das Ankaufen, sich oder einem Dritten Verschaffen, Absetzen oder Absetzen helfen.

2.1.4.1 Sich verschaffen oder einem Dritten verschaffen

 

Rz. 20

Das Tatobjekt der Hehlerei verschafft sich der Täter, wenn die wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die Sache auf ihn selbst übergeht.[1] Es wird einem Dritten verschafft, wenn die wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die Sache nicht – und zwar auch nicht übergangsweise (sonst Sich-Verschaffen) – auf den Täter übergeht, sondern durch das Handeln des Täters unmittelbar vom Vorbesitzer an einen dritten Erwerber weitergeleitet wird oder der Täter das Hehlgut, ohne selbst Besitz an ihm zu erlangen, in seinem Interesse unmittelbar einem Dritten zukommen lässt.[2] Erforderlich ist also nicht eine zivilrechtliche Verfügungsbefugnis, sondern tatsächliche Sachherrschaft.[3] Möglich ist auch, dass mehrere Mittäter gemeinsam die Sachherrschaft ausüben oder, häufiger, dass jeder von ihnen eine eigenständige (Mit-)Verfügungsbefugnis erhält.[4] Notwendig ist bei § 374 AO dabei, dass der Erwerber unabhängig vom Willen des Vortäters über die Sache verfügen kann.[5] Ein täterschaftliches "Drittverschaffen" ist nach h. M. von einer Beihilfe zu einem Sichverschaffen seitens des Dritten danach abzugrenzen, ob der Handelnde selbstständig agiert oder sich den Weisungen des Dritten unterordnet.[6]

 

Rz. 21

Der Hehler muss nach ganz h. M. auch bei § 374 AO – wie bei § 259 StGB (Hehlerei)[7] – stets mit dem Einverständnis des Vorbesitzers handeln.[8] Wird also der Vortäter bestohlen oder z. B. durch eine Drohung zur Übertragung der Verfügungsgewalt veranlasst, scheidet § 374 AO aus.

[1] Altenhain, in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl. 2017, § 259 StGB Rz. 31; zum Tatbestandsmerkmal des "Sich-Verschaffens" auch BGH v. 8.12.2016, 1 StR 542/16.
[2] BGH v. 8.3.2012, 4 StR 629/11, NStZ-RR 2012, 247 m. w. N.; Walter, in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl. 2010, § 259 StGB Rz. 40 m. w. N.
[3] Altenhain, in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl. 2017, § 259 StGB Rz. 31.; Hecker, in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, § 259 StGB Rz. 17.
[4] Altenhain, in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl. 2017, § 259 StGB Rz. 37; Hecker, in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, § 259 StGB Rz. 18.
[5] Schuster/Schulteheinrichs, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 374 AO Rz. 22 m. w. N.
[6] Walter, in Leipziger Kommentar zum StGB, 12. Aufl. 2010, § 259 StGB Rz. 50 m. w. N.
[7] BGH v. 20.1.1999, 3 StR 571/98, wistra 1999, 180 m. w. N.; Altenhain, in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl. 2017, § 259 StGB Rz. 25.
[8] Schuster/Schulteheinrichs, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 374 AO Rz. 23 m. w. N.; a. A. Jäger, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 374 AO Rz. 30.

2.1.4.2 Ankaufen

 

Rz. 22

Das Ankaufen ist lediglich ein Unterfall des Verschaffens und muss daher, wenn es tatbestandsmäßig sein soll, die o. g. (Rz. 20f.) aufgeführten Anforderungen erfüllen.[1] Deswegen genügt es z. B. nicht, einen Kaufvertrag abzuschließen (es kommt aber ein Versuch – s. Rz. 35ff. – in Betracht).[2]

[1] Altenhain, in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl. 2017, § 259 StGB Rz. 46; Schuster/Schulteheinrichs, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 374 AO Rz. 20.
[2] Hecker, in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl. 2019, § 259 StGB Rz. 26; Jäger, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 374 AO Rz. 29.

2.1.4.3 Absetzen

 

Rz. 23

Absetzen ist eine mit dem Vortäter vereinbarte rechtsgeschäftliche Weitergabe an einen (gut- oder bösgläubigen) Dritten gegen Entgelt[1], wobei der Hehler – anders als beim Absetzen helfen – im Verhältnis zum Vortäter selbstständig handelt, wenngleich er "in dessen Lager" steht; ein typisches Beispiel ist der Verkaufskommissionär, der die Ware für Rechnung des Vortäters verkauft.[2] Weiter ist erforderlich, dass der Hehler Verfügungsgewalt erlangt oder sie Dritten verschafft; z. B. ein bloßes Verleihen oder Vermieten genügt nicht.[3]

 

Rz. 24

Die neuere Rechtsprechung[4] und ein Teil des Schrifttums[5] verlangen zutreffend einen Absatzerfolg. Dieser Meinungsstreit hat insbesondere Auswirkung auf die Frage der Vollendung der Tat und damit auch auf das Strafmaß (zum Strafmaß s. Rz. 50); ebenso wie auf die Frage, ob die Tat als Teilnahme an der Vortat oder als Beihilfe zur nachfolgenden Steuerhehlerei zu werten ist. Z. B. hat der (gewerbsmäßig handelnde) Täter, der sich selbst dadurch bereichern wollte, durch das Einbinden, Bezahlen und Überwachen eines Spediteurs täterschaftliche Absatzhilfe zu den Absatzbemühungen der Hinterleute geleistet. Für die Auslegung des Tatbestands der Hehlerei als Erfolgsdelikt auch in den Fällen des Absetzens und der Absatzhilfe spricht der Wortlaut der Vorschrift. Schon der allgemeine Sprachgebrauch unterscheidet zwischen dem erfolgreichen Absetzen und bloßen Absatzbemühungen.[6] Im Verkehr unter Kaufleuten, aus dem der Begriff stammt, würde niemand davon sprechen, dass ein Händler Waren abgesetzt hat, we...

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