2.1.2.1 Geeignete Vortat – Allgemeines

 

Rz. 9

Geeignete Vortaten des § 374 AO sind lediglich die Steuerhinterziehung nach § 370 AO oder der Bannbruch gem. §§ 372, 373 AO. Streitig ist, ob ebenso § 374 AO selbst als Vortat in Betracht kommt (näher zum Streitstand Rz. 12). Im Einzelnen:

2.1.2.1.1 Steuerhinterziehung gem. § 370 AO als Vortat

 

Rz. 10

Nicht jede Steuerhinterziehung ist geeignete Vortat des § 374 AO, sondern nur Taten, die sich auf Tatobjekte beziehen, hinsichtlich derer deutsche Verbrauchs- oder Einfuhr- bzw. Ausfuhrabgaben hinterzogen sind (zum geeigneten Tatobjekt näher Rz. 4–8). Zudem umfasst der Anwendungsbereich des § 374 AO gem. § 374 Abs. 4 AO i. V. m. § 370 Abs. 6 und Abs. 7 AO auch Einfuhr- und Ausfuhrabgaben, die von einem anderen Mitgliedstaat der EG verwaltet werden, oder die einem Mitgliedstaat der Europäischen Freihandelsassoziation oder einem mit dieser assoziierten Staat zustehen.[1] Eine Vortat i. S. d. § 374 AO liegt z. B. vor, wenn die Lieferanten beim Verbringen von Zigaretten in das Steuergebiet der Bundesrepublik Deutschland die hierbei entstehende Tabaksteuer[2] als Verbrauchsteuer i. S. d. Abgabenordnung[3] hinterzogen haben.[4]

[1] Dazu näher die Kommentierung zu § 370 AO Rz. 285–299; Schuster/Schulteheinrichs, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 374 AO Rz. 8 m. w. N.
[2] Vgl. § 23 TabStG.

2.1.2.1.2 Bannbruch gem. § 372 AO als Vortat

 

Rz. 11

Auch wenn Monopolabgaben verkürzt werden, ist § 374 AO anwendbar; nach Entfallen des § 3 Abs. 1 BranntweinmonopolG kommt dies aber nur dann in Betracht, wenn § 372 AO zur Anwendung kommt und nicht selbst wegen der Subsidiaritätsklausel[1] zurücktritt[2]; dies ist bei Verbringungsverboten nach EU-Recht der Fall.[3]

2.1.2.1.3 Steuerhehlerei gem. § 374 AO als Vortat

 

Rz. 12

Mit der zutreffenden h. M.[1] ist die Steuerhehlerei selbst keine Vortat des § 374 AO, denn gegen § 374 AO als Vortat spricht der eindeutige Wortlaut des § 374 AO, der als Vortaten ausschließlich §§ 370, 372, 373 AO benennt.

[1] Schuster/Schulteheinrichs, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 374 AO Rz. 11 m. w. N.; Ebner, in MüKoStGB, 3. Aufl. 2019, § 374 AO Rz. 15f. m. w. N. jeweils mit Darstellung des Streitstands.

2.1.2.2 Nachweis und Feststellung der Vortat durch das Gericht

 

Rz. 13

Die Vortat ist durch das Gericht festzustellen, wobei eine lediglich formelhafte Feststellung nicht genügt.[1] Es ist aber nicht Voraussetzung für die Annahme einer Vortat i. S. v. §§ 370, 372, 373 AO und einer vorsätzlich begangenen Steuerhehlerei[2], die konkreten "Schmuggelwege" festzustellen.[3] Z. B. ist gewichtiges Indiz für die Einfuhr unversteuerter und unverzollter Zigaretten in die Bundesrepublik Deutschland neben dem Fehlen des deutschen Tabaksteuerzeichens (Banderole) jedenfalls die Produktion dieser Zigaretten außerhalb des Zollgebietes der Europäischen Union. Durch weitere gegebene Umstände (z. B. fehlende deutsche Steuerbanderole, Marke und Herkunft der Zigaretten, Verpackung und Anzahl der Zigaretten) kann i. d. R. auch davon ausgegangen werden, dass der Täter (der Steuerhehlerei) mit der Möglichkeit gerechnet hat, dass diese unversteuert und unverzollt in die Bundesrepublik gebracht worden sind.[4]

[1] Schuster/Schulteheinrichs, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 374 AO Rz. 17f. m. w. N.
[3] Brandenburgisches OLG v. 24.2.2010, (1) 53 Ss 9/10 (6/10), NStZ-RR 2010, 312 unter Verwerfung der früheren engeren Ansicht.
[4] Brandenburgisches OLG v. 24.2.2010, (1) 53 Ss 9/10 (6/10), NStZ-RR 2010, 312.

2.1.2.3 Limitierte Akzessorietät

 

Rz. 14

Der Vortäter muss hinsichtlich der Vortat tatbestandsmäßig handeln, doch ist ein schuldhaftes Handeln des Vortäters nicht Voraussetzung[1] (sog. limitierte Akzessorietät[2]). Unterliegt der Vortäter also einem Verbotsirrtum nach § 17 StGB[3], so berührt dies die Strafbarkeit des Hehlers nicht; anders ist dies, wenn der Vortäter gem. § 16 StGB irrt (sog. Tatbestandsirrtum).[4]

[1] BGH v. 27.2.1951, 4 StR 123 / 51M, BGHSt 1, 47; Hilgers-Klautzsch, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 374 AO Rz. 35–37.
[2] Näher zum Begriff der limitierten Akzessorietät s. die Kommentierungen zu § 29 StGB.
[3] BGH v. 26.2.1953, 5 StR 725/52, BGHSt 4, 76, 78; Jäger, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 374 AO Rz. 18.

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