2.4.3.1 Steuern und Zinsen

 

Rz. 326

Die Nachentrichtungspflicht nach § 371 Abs. 3 S. 1 AO besteht nur hinsichtlich der aus dieser Tat hinterzogenen Steuern und der in Abs. 3 S. 1 aufgeführten Zinsen. Die Straffreiheit tritt ein, sobald die Steuern und Zinsen entrichtet sind. Weitere aus der Tathandlung resultierende steuerliche Nebenleistungen i. S. v. § 3 Abs. 4 AO, also ggf. Verspätungszuschläge[1], Säumniszuschläge[2] sowie Stundungszinsen[3], müssen nicht gezahlt werden, um die Straffreiheit zu erlangen.[4]

 

Rz. 327

Für Umsatzsteuervor- und Lohnsteueranmeldungen ergibt sich jedoch eine Ausnahme aus § 371 Abs. 3 S. 2 i. V. m. Abs. 2a S. 1 AO. Für diesen Sonderfall gilt die bisherige Regelung fort, sodass im Rahmen des § 371 AO insoweit nur die hinterzogenen Steuerbeträge nachzuentrichten sind, jedoch keine Zinsen nach §§ 235, 233a AO. Allerdings gilt diese Ausnahme nach ihrem eindeutigen Wortlaut nicht für die entsprechenden Jahreserklärungen.

 

Rz. 328

Die Strafverfolgungsorgane haben keine Rechtsgrundlage, den Eintritt der Straffreiheit von der Erfüllung anderer steuerlicher Pflichten abhängig zu machen.[5] Die Voraussetzungen für die Straffreiheit sind gesetzlich festgelegt und stehen nicht im Belieben der Strafverfolgungsbehörden.

[4] Kohler, in MüKo StGB Bd. 7, 2. Aufl., § 371 AO Rz. 145; noch zur alten Fassung des § 371 AOBayObLG v. 1.12.1980, 4 St 241/80, DB 1980, 777.
[5] Maaßen, DStZ 1952, 237.

2.4.3.2 Hinterzogene Steuern

 

Rz. 329

Die Nachentrichtungspflicht nach § 371 Abs. 3 S. 1 AO bezieht sich – neben den in Abs. 3 S. 1 aufgeführten Zinsen (vgl. Rz. 337ff.) – nur auf die hinterzogenen Steuern, also auf den durch die vorsätzliche Hinterziehung bewirkten Verkürzungsbetrag (zur Nachzahlungspflicht für strafrechtlich verjährte Zeiträume vgl. Rz. 332a ff.). Wird im Zusammenhang mit der Selbstanzeige zugleich eine Steuerverkürzung aufgedeckt, auf die sich der Hinterziehungsvorsatz nicht erstreckte, die unverschuldet oder nur fahrlässig bewirkt wurde, so muss eine Aufteilung erfolgen. Dementsprechend ist die im Rahmen der Nachzahlungspflicht zu entrichtende Steuer auch nicht zwingend mit der im Rahmen der Veranlagung z. B. auf eine Außenprüfung hin festgesetzten Mehrsteuern identisch.[1]

Hinsichtlich des nicht hinterzogenen Betrags kommt mangels Nachentrichtungspflicht eine Fristsetzung nicht in Betracht. Bezüglich der leichtfertig verkürzten Steuer ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich die Nachentrichtungspflicht aus § 378 Abs. 3 S. 2 AO ergibt.

Wurde die Steuerhinterziehung durch die Verkürzung ausländischer Steuern gem. § 370 Abs. 6 AO begangen, sind auch diese im Rahmen des § 371 Abs. 3 Satz 1 AO nachzuleisten, allerdings nicht als Zahlung an den deutschen Fiskus, sondern an den ausländischen Staat.

 

Rz. 330

Die Nachentrichtungspflicht nach § 371 Abs. 3 AO besteht für den Selbstanzeigenden nur hinsichtlich des zu seinen Gunsten aus dem Verkürzungsbetrag erlangten unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil (Rz. 319ff.). Entspricht der Vorteil wertmäßig nicht dem gesamten Taterfolg, so hat der Selbstanzeigende nur einen Anteil zu entrichten.[2]

 
Praxis-Beispiel

A hinterzieht zugunsten des B ohne dessen Wissen 100.000 EUR USt. Hiervon unterschlägt er für sich 50.000 EUR, sodass die Nachentrichtungspflicht auch nur in dieser Höhe gegeben ist.

 

Rz. 331

Bei mehreren Tatbeteiligten ist die Nachentrichtungspflicht nach § 371 Abs. 3 AO somit ebenfalls nur anteilig entsprechend dem Vorteil aus der Steuerhinterziehung gegeben.[3] Straffrei wird derjenige Selbstanzeigende, der seinen Tatbeitrag korrigiert und seinen Vorteil zurückerstattet. Unerheblich ist insoweit, dass der Selbstanzeigende steuerlich ggf. als Gesamtschuldner für den gesamten Verkürzungsbetrag haftet.[4]

 

Rz. 332

Im Fall einer Steuerhinterziehung auf Zeit ist für die Nachentrichtungspflicht der nachzuentrichtende Betrag maßgeblich[5] und nicht nur der Zinsschaden.[6] Da der Täter den wirtschaftlichen Vorteil aus der Nichtzahlung des gesamten Betrages und nicht nur den (Zins-)Vorteil aus der verspäteten Zahlung hat, muss er folgerichtig auch den gesamten Betrag der verkürzten Steuer nachentrichten. Würde man die Nachentrichtung des Zinsvorteils ausreichen lassen, so könnte der Tatbeteiligte den Differenzbetrag behalten und wäre trotzdem straffrei – ein Ergebnis, das dem Schadensausgleichsgedanken des § 371 AO und dem Schutzzweck des § 370 AO[7] widerspricht.

Bei der Bestimmung des nachzuzahlenden Betrags ist insoweit allerdings das Kompensationsverbot nicht zu berücksichtigen. Anderenfalls müßte der Täter zur Erlangung der Straffreiheit Nachzahlungen entrichten, die der Fiskus in Ermangelung einer Rechtsgrundlage zum Behaltendürfen umgehend wieder erstatten müßte (vgl. Rz. 335).

 

Rz. 332a

Es ist umstritten, ob die Nachzahlungspflicht auch strafrechtlich verjährte Jahre umfasst, die innerhalb des zehnjährigen Mindestberichtigungszeitraumes des § 371 Abs. 1 AO liegen.[8] Die Gegenansicht, nach der strafrechtlich verjährte Jahre unberücksichtigt bleiben und allein strafrechtlich...

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