Rz. 81

Unklarheit hinsichtlich des entscheidungserheblichen Sachverhalts können ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts begründen. Somit können sich ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des VA ergeben, wenn bei gegebener Feststellungslast der Finanzbehörde sich eine Tatfrage nicht klären lässt, wobei der Stpfl. seinerseits aber seinen Mitwirkungspflichten nachgekommen sein muss, so dass die vom Stpfl. behauptete Rechtsfolge möglich erscheint.[1] Dies ist schon gegeben, wenn deutlich wird, dass bei Erlass des Verwaltungsakts von einem anderen Sachverhalt ausgegangen worden ist. Es genügt insoweit bereits das Fehlen ausreichender Angaben über Entscheidungsgrundlagen.[2] Die Vollziehungsaussetzung ist stets gegeben, wenn der Besteuerungssachverhalt von der Finanzbehörde nicht geschlossen dargestellt und der Steueranspruch nicht schlüssig begründet ist.[3]

Somit ist im Antrag auf AdV bzw. der Einspruchsbegründung der zutreffende Sachverhalt deutlich darzulegen.

Rz. 82 einstweilen frei

 

Rz. 83

Ein Schätzungsbescheid nach § 162 AO ist nicht ernstlich allein deshalb zweifelhaft, wenn die Schätzung vorgenommen wird, weil der Stpfl. seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt und die Finanzbehörde ihren Schätzungsrahmen ausschöpft.[4] Eine AdV kann aber darauf gegründet werden, dass im Zuge der summarischen Überprüfung zweifelhaft ist, ob überhaupt die Voraussetzungen für eine Schätzung nach § 162 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 AO vorliegen, weil der Stpfl. seinen Aufzeichnungspflichten nicht nachgekommen ist.[5] Auch kann sich eine AdV darauf stützen, dass eine Schätzung technisch nicht korrekt durchgeführt wurde.[6]

 

Rz. 84

Hinsichtlich der Problematik, wenn die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts von der Frage abhängig ist, ob der Antragsteller eine Steuerstraftat begangen hat, z. B. für die Feststellungs- oder Festsetzungsverjährung, so ist die Vollziehung stets auszusetzen, wenn ernstlich zweifelhaft ist, ob der Stpfl. die Tat begangen hat bzw. an ihr beteiligt war[7], bzw. im summarischen Verfahren (s. Rz. 48) eine abschließende Aufklärung nicht zu erreichen ist.[8] Dabei ist der Grundsatz in dubio pro reo zu beachten (s. Rz. 53b).

Rz. 85 einstweilen frei

[1] Hardtke, in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, 22. Aufl. 2018, § 361 AO Rz. 32; Koenig/Cöster, AO, 4. Aufl. 2021, § 361 Rz. 52; Gräber/Stapperfend, FGO, 9. Aufl. 2019, § 69 Rz. 167.
[3] Koenig/Cöster, AO, 4. Aufl. 2021, § 361 Rz. 52; BFH v. 14.2.1984, VIII B 112/83, BStBl II 1984, 443; unklare Wertermittlung: BFH v. 20.3.1997, IV B 48/95, BFH/NV 1997, 563.
[4] Koenig/Cöster, AO, 4. Aufl. 2021, § 361 Rz. 53.
[6] BFH v. 12.7.2017, X B 16/17, BFHE 257, 523 hinsichtlich der Quantilsschätzungs-Software der Finanzverwaltung im Zuge eines Zeitreihenvergleichs.

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