2.2.1 Zuständigkeit

 

Rz. 29

Die Prüfung der Zulässigkeitsvoraussetzungen ist von der Finanzbehörde vorzunehmen, die zur Entscheidung über den Einspruch berufen ist. Das ist nach § 367 Abs. 1 AO grds. diejenige, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, oder die nachträglich für den Steuerfall zuständig gewordene Finanzbehörde.[1]

2.2.2 Pflicht zur Prüfung

 

Rz. 30

Die zuständige Finanzbehörde "hat" die Zulässigkeitsvoraussetzungen zu prüfen und sie daher in jedem Stadium des Einspruchsverfahrens zwingend von Amts wegen zu beachten. Die Finanzbehörde darf daher auf das Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht verzichten.[1]

 

Rz. 31

Die erneute Sachentscheidung aufgrund des eingelegten Einspruchs darf von der Finanzbehörde grds. nur getroffen werden, wenn sämtliche Zulässigkeitsvoraussetzungen gegeben sind und die Zulässigkeit des Einspruchs zweifelsfrei feststeht.[2]

 

Rz. 32

Aus verfahrensökonomischen Gründen hat die Rechtsprechung gleichwohl die Auffassung vertreten, dass die Zulässigkeitsprüfung unterbleiben könne, wenn der Einspruch eindeutig und offensichtlich unbegründet ist.[3] Eine Gegenauffassung in der Literatur verweist darauf, dass die Festsetzungsverjährung durch einen unzulässigen Einspruch nach § 171 Abs. 3a S. 2 2. Halbsatz AO nicht gehemmt werde und auch für eine "Verböserung" ein zulässiger Einspruch erforderlich sei.[4] Spielt die Festsetzungsverjährung im konkreten Fall eine Rolle oder soll eine "Verböserung" durchgeführt werden, darf die Finanzbehörde die Frage der Zulässigkeit nicht dahinstehen lassen. In allen anderen Fällen ist es aber nicht zu beanstanden, wenn die Frage ausnahmsweise offen bleibt und der Einspruch insgesamt als unbegründet zurückgewiesen wird.[5]

[3] RFH v. 3.11.1921, V A 56/21, RFHE 7, 206; RFH v. 23.2.1922, VI A 16/21, RFHE 8, 220; sowie jeweils zu finanzgerichtlichen Verfahren BFH v. 30.1.1958, IV 572/56 U, BStBl III 1958, 352; BFH v. 13.11.1964, VI 308/63 U, BStBl III 1965, 68.
[4] Bartone, in Gosch, AO/FGO, § 358 AO Rz.23; Birnbaum, in BeckOK, § 358 AO Rz. 1; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 358 AO Rz. 22; Hardtke, in Kühn/v. Wedelstädt, AO/FGO, 22. Aufl. 2018, § 358 AO Rz. 1.
[5] Siegers, in HHSp, AO/FGO, § 358 AO Rz. 47ff.; ebenso nunmehr auch Koenig/Cöster, AO, 4. Aufl. 2021, § 358 Rz. 7.

2.2.3 Zeitpunkt des Vorliegens der Zulässigkeitsvoraussetzungen

 

Rz. 33

Die Einspruchsfrist muss im Zeitpunkt der Einlegung des Einspruchs eingehalten worden sein. Bis zum Ablauf der Einspruchsfrist muss außerdem bekannt sein, wer den Einspruch eingelegt hat und welcher Verwaltungsakt angegriffen werden soll.[1] Alle übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen müssen spätestens im Zeitpunkt der Entscheidung über den Einspruch durch die Finanzbehörde gegeben sein und können deshalb ggf. im Laufe des Einspruchsverfahrens geheilt werden.

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