Rz. 4

Die Einlegung des Einspruchs ist eine verfahrensrechtliche Willenserklärung, durch die das finanzbehördliche Einspruchsverfahren anhängig wird . Der Zugang des Einspruchsschreibens, das den formellen und inhaltlichen Mindesterfordernissen entspricht, hat innerhalb der Einspruchsfrist bei der Einlegungsbehörde zu erfolgen.[1]

 

Rz. 4a

Der Einspruchsführer trägt die Feststellungslast für den fristgerechten Zugang.[2] Dem Einspruchsführer kommt dabei weder ein Anscheinsbeweis noch eine Zugangsfiktion zugute.[3] Unsicherheiten hinsichtlich der Absendung und des Zugangs bei der Finanzbehörde gehen zulasten des Einspruchsführers, soweit die Unaufklärbarkeit nicht allein in den Verantwortungsbereich der Finanzbehörde fällt.[4] Der Einspruchsführer hat also die Absendung substantiiert darzulegen und hinreichend nachzuweisen.[5] Die bloße Behauptung der Absendung ist nicht ausreichend.[6]

 

Rz. 4b

Nur der Zugang des Einspruchsschreibens bei der Einlegungsbehörde wahrt die Einspruchsfrist und damit die Zulässigkeit des Einspruchs.

Der Eingangsstempel der zuständigen Finanzbehörde ist eine öffentliche Urkunde. Sie erbringt grundsätzlich den Beweis für die Zeit und den Ort des Eingangs.[7] Der zulässige Gegenbeweis der Unrichtigkeit[8] erfordert den vollen Nachweis für einen anderen Geschehensablauf.[9] Sie erbringt grds. den Beweis für die Zeit und den Ort des Eingangs.[10] Der zulässige Gegenbeweis der Unrichtigkeit erfordert den vollen Nachweis für einen anderen Geschehensablauf.[11] Der durch den Eingangsstempel erbrachte Beweis kann nicht durch eidesstattliche Versicherung widerlegt werden[12], da sie lediglich ein Mittel der Glaubhaftmachung, aber nicht des Beweises ist.[13] Eine Fristversäumnis muss mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen sein.[14]

 

Rz. 5

Wird der Verwaltungsakt nicht innerhalb der Einspruchs- bzw. Klagefrist angefochten oder kann eine Fristversäumnis auch nicht durch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand geheilt werden , so führt dies zur formellen Bestandskraft des Verwaltungsakts. Der Verwaltungsakt ist unanfechtbar. Die Bestandskraft bindet die Beteiligten, die Finanzbehörde und die Finanzgerichtsbarkeit . Der Regelungsinhalt des Verwaltungsakts kann nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen modifiziert werden.[15] Der bestandskräftige Verwaltungsakt wirkt auch bei einer späteren Änderung fort.[16] Dies gilt im Interesse des Rechtsfriedens selbst dann, wenn der bestandskräftige Verwaltungsakt materiell unrichtig ist.

 

Rz. 5a

Die nicht entschuldbare Versäumnis der Einspruchsfrist hindert demgemäß die sachliche Überprüfung des angefochtenen Verwaltungsakts im Einspruchsverfahren und im Klageverfahren sowie grundsätzlich zudem auch eine sachliche Überprüfung der bestandskräftig festgesetzten Steuern im Erlassverfahren, wenn es dem Stpfl. möglich und zumutbar war, sich rechtzeitig zu wehren.[17] Die bestandskräftige Festsetzung eines Abgabenanspruchs schließt einen Anspruch auf Erstattung der Abgabe auch dann aus, wenn deren Erhebung rechtswidrig war.[18]

 

Rz. 6

Die Einhaltung der Einspruchsfrist ist Voraussetzung für die Zulässigkeit des Einspruchs. Die Finanzbehörde hat den verspäteten Einspruch durch Einspruchsentscheidung nach § 358 Satz 2 AO als unzulässig zu verwerfen.

Die Einhaltung der Einspruchsfrist ist eine Sachentscheidungsvoraussetzung. Nur aufgrund des zulässigen Einspruchs darf und muss die Finanzbehörde eine Sachentscheidung über den angefochtenen Verwaltungsakt treffen.[19] Trifft die Behörde bei einem unzulässigen Einspruch fehlerhaft eine Sachentscheidung, so darf das FG gleichwohl keine Sachentscheidung treffen.[20]

Die Wahrung der Einspruchsfrist ist von Amts wegen zu beachten. Die Zulässigkeit des Einspruchs steht nicht zur Disposition der Behörde. Sie kann also nicht auf die Einhaltung der Einspruchsfrist verzichten.[21] Vor Erlass der Einspruchsentscheidung hinsichtlich der Zulässigkeit des Einspruchs geäußerte Rechtsmeinungen sind demgemäß auch unverbindlich.[22] Über die Frage, ob die Einspruchseinlegung fristgerecht ist, wird kein gesondertes Verfahren geführt, sondern hierüber wird im Rahmen der Einspruchsentscheidung entschieden.[23] Wird die Zulässigkeit verneint, so ist der Einspruch als unzulässig zu verwerfen[24], wird die Zulässigkeit des Einspruchs bejaht, so trifft die Finanzbehörde eine Sachentscheidung.[25]

 

Rz. 6a

Da das finanzbehördliche Einspruchsverfahren nach § 44 FGO grundsätzlich ein notwendiges Verfahren für das finanzgerichtliche Klageverfahren ist, ist die Einhaltung der Einspruchsfrist letztlich auch Voraussetzung der finanzgerichtlichen Entscheidung in der Sache. Das FG und der BFH haben die Fristwahrung von Amts wegen zu prüfen. Ist die Frist nicht eingehalten, so ist die Klage, wenn der Einspruch durch Einspruchsentscheidung als unzulässig verworfen worden ist, zwar zulässig, aber ohne weitere Sachprüfung als unbegründet abzuweisen[26], da auch das FG durch die Bestandskraft des Verwaltungsakts gebunden ist.

Bei Fristversäumnis ...

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