Rz. 24b

§ 32i AO enthielt ursprünglich für bestimmte Auskunfts- und Informationszugangsansprüche nach den IFG des Bundes und der Länder, die gegenüber den Finanzbehörden geltend gemacht werden, keine ausdrückliche aufdrängende Sonderzuweisung zu den FG. Dies hatte zur Folge, dass für entsprechende Ansprüche der Verwaltungsrechtsweg gegeben war, selbst wenn der Umfang des Auskunfts- und Informationsanspruchs durch § 32e AO auf das Maß beschränkt wurde, in dem er auch bei einem auf die DSGVO i. V. m. den §§ 32a bis 32d AO gestützten Anspruch Auskunft erhalten hätte. Wird der Auskunftsanspruch vom Berechtigten jedoch unmittelbar auf Art. 12 bis 15 DSGVO i. V. m. den §§ 32a bis 32d AO gestützt, ist nach § 32i Abs. 2 AO der Finanzrechtsweg gegeben. Für die Auslegung der §§ 32a bis 32d AO waren damit zum einen die Verwaltungsgerichte und zum anderen auch die FG zuständig. Da es sich im Ergebnis um die Auslegung derselben steuerverfahrensrechtlichen Vorschriften handelte, hat der Gesetzgeber mit dem JStG 2020[1] eine Anpassung des § 32i Abs. 2 AO vorgenommen, um insoweit eine einheitliche Rechtsprechung in datenschutzrechtlichen Klageverfahren im Anwendungsbereich der AO und somit auch eine einheitliche Auslegung der maßgeblichen steuerverfahrensrechtlichen Vorschriften sicherzustellen.[2]

 

Rz. 24c

Die Neuregelung gilt grundsätzlich für alle seit dem 29.12.2020 anhängigen Verfahren. War das Verfahren bereits vor der gesetzlichen Änderung bei einem FG anhängig, bleibt es bei der Zuständigkeit. Denn der Grundsatz, dass nachträgliche Veränderungen ohne Bedeutung sind, gilt nur rechtswegerhaltend, weil er der Prozessökonomie dient. Treten, bevor es zu einer Verweisungsentscheidung kommt, Umstände ein, die die Zulässigkeit des Rechtswegs erst begründen, so sind diese zu berücksichtigen.[3] Allerdings ist der Finanzrechtsweg nicht für alle Klagen auf Informationszugang nach den IFG gegeben. Die Sonderzuständigkeit besteht nur, soweit der Anspruch auf Informationszugang nach § 32e AO i. V. m. §§ 32a bis 32d AO begrenzt wird, d. h. die Anwendung und die Auslegung dieser verfahrensrechtlichen Vorschriften streitig ist. Kommt es auf die genannten Vorschriften hingegen für die Erteilung der Auskunft nicht an, verbleibt es beim Verwaltungsrechtsweg.

 

Rz. 24d

Problematisch ist allerdings, dass bei Beginn des Rechtsstreits noch nicht feststeht, ob der Anspruch auf Informationszugang tatsächlich nach § 32e AO i. V. m. §§ 32a bis 32d AO begrenzt wird. Für die Frage der Zulässigkeit des Finanzrechtswegs ist insoweit allein abzustellen auf den – schlüssigen – Vortrag des Klägers oder die Entscheidung der Finanzbehörde im Vorverfahren.[4]

 

Rz. 24e

Unklar ist jedoch, ob der Finanzrechtsweg nur für die entsprechenden IFG-Klagen der "betroffenen Person" oder auch von Dritten greift. Von Bedeutung wird diese Unterscheidung, da das BVerwG[5] zutreffender Weise entschieden hat, dass der Insolvenzverwalter bei seinen Auskunftsansprüchen im Namen des Insolvenzschuldners nicht als betroffene Person, sondern als Dritter handelt. Mit dem JStG 2020[6] wurde der § 32i Abs. 2 AO um folgenden S. 2 ergänzt: "Der Finanzrechtsweg ist auch gegeben für Auskunfts- und Informationszugangsansprüche, deren Umfang nach § 32e begrenzt wird." Da der Eingangssatz des § 32i Abs. 2 AO nur von den Klagen der betroffenen Person spricht, könnte angenommen werden[7], dass nur bei Auskunfts- und Informationszugangsansprüchen von betroffenen Personen der Finanzrechtsweg gegeben ist. Gegen diese auf den Sachzusammenhang in Abs. 2 bezogene Auslegung kann allerdings der Wortlaut der Vorschrift angeführt werden. Isoliert betrachtet erfasst er sämtliche Auskunfts- und Informationszugangsansprüche nach den IFG des Bundes und der Länder, deren Umfang durch den § 32e AO begrenzt wird. Für dieses weite Verständnis der Norm spricht auch, dass der Gesetzgeber – neben der Einfügung des § 32 Abs. 2 S. 2 AO – auch noch eine darauf aufbauende Folgeänderung[8] vorgenommen und den § 32i Abs. 7 Nr. 1 AO angepasst hat. Zu den Beteiligten eines Verfahrens gehören damit – neben der bisher genannten "betroffenen Person" – auch die "um Auskunft oder Informationszugang ersuchende Person". Einer solchen Anpassung hätte es nicht bedurft, wenn sich der § 32i Abs. 2 S. 2 AO nur auf die Ansprüche von betroffenen Personen beziehen würde. Gegen eine einengende Auslegung kann auch das vom Gesetzgeber beabsichtigte Ziel angeführt werden, die Auslegung der §§ 32a bis 32d AO bei der Finanzgerichtsbarkeit zu konzentrieren.[9]

[1] G. v. 21.12.2020, BGBl I 2020, 3096.
[2] BT-Drs. 19/22850, 162.
[5] BVerwG v. 28.10.2019, 10 B 21/19, HFR 2020, 190; vgl. auch Schmittmann/Sinnig, K&R 2022, 175 (181f.).
[6] G. v. 21.12.2020, BGBl I 2020, 3096.
[7] In diesem Sinne OVG NW v. 8.3.2022, 15 E 606/21.
[8] BT-Drs. 19/22850, 162.
[9] BT-Drs. 19/22850, 162; in diesem Sinne wohl auch Krumm, in Tipke/Kru...

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