2.1 Steuernachforderung

 

Rz. 4

Eine Steuernachforderung liegt vor, wenn die Änderung der Steuerfestsetzung oder ihre Berichtigung nach § 129 AO zu einer höheren als der zuvor festgesetzten Steuer führt. Diese Nachforderung muss zu dem für die Aufteilung maßgebenden Zeitpunkt ganz oder teilweise rückständig sein.

Auf den Grund der Änderung kommt es nicht an. Dieser kann sich aus den §§ 164, 165, 172ff. AO oder aus Vorschriften der Einzelsteuergesetze[1] ergeben. Auch Änderungen aufgrund oder infolge eines Rechtsbehelfsverfahrens fallen unter § 273 Abs. 1 AO.[2]

[2] Zeller-Müller, in Gosch, AO/FGO, § 273 AO Rz. 4.

2.2 Aufteilungsmaßstab

 

Rz. 5

Der rückständige Nachforderungsbetrag ist nach dem Verhältnis der Mehrbeträge aufzuteilen, das sich bei einem Vergleich von zwei fiktiven Einzelveranlagungen für jeden Gesamtschuldner ergibt. Zunächst sind fiktive Einzelveranlagungen mit den Zahlen aus der früheren Steuerfestsetzung durchzuführen. Danach sind fiktive Einzelveranlagungen mit den Besteuerungsgrundlagen der Änderungsfestsetzung vorzunehmen. Die Mehrbeträge der Gesamtschuldner aus der zweiten Einzelveranlagung gegenüber der ersten Einzelveranlagung sind ins Verhältnis zu setzen und ergeben den Aufteilungsmaßstab.[1]

 

Rz. 6

 

Beispiel a:

Bei der ursprünglichen Zusammenveranlagung war die ESt nach einem zu versteuernden Einkommen von 70.000 EUR auf 12.432 EUR (Steuertarif 2023) festgesetzt worden. Von dem zu versteuernden Einkommen entfielen 40.000 EUR auf den Ehemann und 30.000 EUR auf die Ehefrau. Nach Änderung eines Grundlagenbescheids, die für den Ehemann einen um 10.000 EUR erhöhten Gewinn und damit für beide ein zu versteuerndes Einkommen von 80.000 EUR ergibt, wird die ESt auf 15.656 EUR festgesetzt. Der Mehrbetrag von 3.224 EUR ist rückständig geblieben und aufgrund eines Antrags der Ehefrau aufzuteilen.

 
  Ehefrau   Ehemann
fiktive Einzelveranlagung nach erster Festsetzung 4.700 EUR   7.828 EUR
fiktive Einzelveranlagung nach ­geänderter Festsetzung 4.700 EUR   11.343 EUR
Mehrsteuern (fiktiv) – EUR   3.515 EUR

Die Aufteilung weist dem Ehemann den vollen Betrag zu. Bei einer Aufteilung nach dem allgemeinen Maßstab des § 270 AO entfiele auf den Ehemann ein Anteil von 2.279,49 EUR, auf die Ehefrau ein Anteil von 944,51 EUR.

 

Beispiel b:

Im Fall des Beispiels a wird nach § 177 Abs. 1 AO ein Rechtsfehler aufseiten der Ehefrau in Höhe von 5.000 EUR gegengerechnet, sodass die Änderungsveranlagung einen ESt-Mehrbetrag von lediglich 1.588 EUR ergibt.

 
  Ehefrau   Ehemann
fiktive Einzelveranlagung nach erster Festsetzung 4.700 EUR   7.228 EUR
fiktive Einzelveranlagung nach ­geänderter Festsetzung 3.280 EUR   11.343 EUR
Mehrsteuern (fiktiv) ./. 1.420 EUR   3.515 EUR

Da der Fall eines negativen Betrags vom Gesetzgeber nicht geregelt worden und ein Erstattungsanspruch nicht vorgesehen ist, hat der Ehemann wieder den vollen Betrag zu zahlen.

 

Beispiel c:

Im Fall des Beispiels a wird das zu versteuernde Einkommen zusätzlich um 5.000 EUR bei einer Besteuerungsgrundlage der Ehefrau erhöht, sodass sich das zu versteuernde Einkommen auf 85.000 EUR und die ESt um 4.910 EUR auf 17.342 EUR erhöht.

 
  Ehefrau   Ehemann
fiktive Einzelveranlagung nach erster Festsetzung 4.700 EUR   7.228 EUR
fiktive Einzelveranlagung nach ­geänderter Festsetzung 6.216 EUR   11.343 EUR
Mehrsteuern (fiktiv) 1.516 EUR   3.515 EUR
Anteil an gesamten Mehrsteuern (fiktiv) 30,1332 %   69,8668 %
Anteil an Nachforderung von 4.910 EUR 1.479,54 EUR   3.430,46 EUR
 

Rz. 7

Ist die rückständige Steuer bei Antragstellung niedriger als die Nachforderung aus der Änderung (z. B. durch Zahlung oder Aufrechnung eines Teilbetrags), so ist der Anteil an den fiktiven Mehrsteuern nur auf den noch rückständigen Betrag anzuwenden.[2]

[1] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 273 AO Rz. 2.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge