Rz. 6

Nach der AO wird Rechtsschutz nur gegen einzelne Vollstreckungsmaßnahmen gewährt.[1] Dabei sind solche Einwendungen zulässig, die sich nicht gegen die Entstehung und Festsetzung des zu vollstreckenden Verwaltungsakts richten.[2] Einige der möglichen Einwendungen sind in § 257 AO aufgeführt.[3] Demgemäß kann der Vollstreckungsschuldner etwa nicht geltend machen, dass der Anspruch, der vollstreckt werden soll, nicht entstanden ist oder nicht in zutreffender Höhe besteht. Hierbei handelt es sich um ein Vorbringen, das in das Festsetzungsverfahren gehört, sodass diese Einwendungen in einem Verfahren gegen den zugrunde liegenden Verwaltungsakt verfolgt werden müssen. Möglich ist es hingegen, die Einwendung zu erheben, dass der zu vollstreckende Verwaltungsakt wieder erloschen ist, etwa durch Zahlung. Dies ist eine Einwendung, die sachlich dem Erhebungsverfahren zuzuordnen ist und deshalb im Vollstreckungsverfahren geltend gemacht werden kann.[4]

 

Rz. 7

Für die Vollstreckung in bewegliche Sachen stellt § 292 AO z. T. weitergehende Regelungen auf. In diesem Fall kann der Vollstreckungsschuldner nur fünf gesetzlich normierte Einwendungen gegenüber dem Vollziehungsbeamten erheben.[5] Alle anderen Einwendungen sind ausgeschlossen, wobei dieser Ausschluss von Einwendungen allerdings nur gegenüber dem Vollziehungsbeamten, der die jeweilige Vollstreckung durchführt, seine Wirkungen entfaltet.

 

Rz. 8

Rechtsschutz wird gewährt gegen die einzelne Vollstreckungsmaßnahme. Sofern es sich bei dieser Maßnahme um einen Verwaltungsakt handelt, ist der Einspruch gem. § 347 AO der statthafte Rechtsbehelf. Sofern die Vollstreckungsmaßnahme keine Verwaltungsaktqualität hat, ist der Einspruch nicht statthaft.[6]

 

Rz. 8a

Zu beachten ist dabei, dass die regelmäßige Einspruchsfrist des § 355 Abs. 1 AO von einem Monat nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts gleichermaßen für mündliche Verwaltungsakte gilt, die im Vollstreckungsverfahren durchaus im Einzelfall vorkommen kann. Unter dem zu vollstreckenden Verwaltungsakt ist der Verwaltungsakt zu verstehen, der die Grundlage für die Vollstreckungsmaßnahme bildet.[7]

 

Rz. 9

Sofern kein Verwaltungsakt gegeben ist, sondern ein sonstiges Verwaltungshandeln vorliegt, kann kein Einspruch erhoben werden.[8] Gegen solche Maßnahmen der Verwaltung kommt nur eine formlose Gegendarstellung in Betracht oder eine Dienstaufsichtsbeschwerde etwa gegen das Verhalten eines Vollstreckungsbeamten.[9] Die Verwaltungsaktqualität fehlt insbesondere der innerdienstlichen Vollstreckungsanordnung[10], dem Vollstreckungsersuchen an eine andere Behörde nach § 250 AO[11], einem Antrag auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens, der Anregung einer Löschung im Handelsregister sowie der Anregung der Gewerbeuntersagung, aber etwa auch der Niederschlagung nach § 261 AO und der Rückstandsanzeige.[12]

 

Rz. 10

Nach einem erfolglosen Einspruchsverfahren besteht die Möglichkeit, eine Klage vor dem FG gegen einzelne Vollstreckungsmaßnahmen zu erheben.[13] Diese richtet sich nach den allgemeinen Bestimmungen der FGO. Nicht zulässig ist nach allgemeiner Ansicht eine Vollstreckungsgegenklage analog § 767 ZPO.[14] Ebenfalls nicht zulässig ist eine Klage, die auf § 775 Nr. 5 ZPO oder § 766 ZPO gestützt ist.[15]

 

Rz. 11

Vorläufiger Rechtsschutz wird gleichfalls nur gegen einzelne Maßnahmen der Vollstreckung gewährt. Dabei kommt grundsätzlich die Aussetzung der Vollziehung gem. § 361 bzw. § 69 FGO als Mittel des vorläufigen Rechtsschutzes in Betracht.[16] Eine einstweilige Anordnung nach § 114 FGO kann lediglich subsidiär unter den dort genannten Voraussetzungen erhoben werden, wenn eine Aussetzung der Vollziehung im Einzelfall nicht in Betracht kommt.[17]

 

Rz. 12

Einstweiliger Rechtsschutz kann dabei solange gewährt werden, als die einzelne Vollstreckungsmaßnahme noch nicht vollständig durchgeführt worden ist.[18] Nach Beendigung der Vollstreckungsmaßnahme besteht grundsätzlich kein Rechtsschutzbedürfnis mehr.[19] Eine Pfändung beweglicher Sachen ist dabei nicht bereits mit der Durchführung der Pfändung und eine Forderungspfändung ist nicht bereits mit der Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Dritten vollständig durchgeführt, sondern erst, wenn die Sache versteigert und der Erlös vereinnahmt bzw. die Forderung eingezogen worden ist. Entsprechendes gilt bei einer Vollstreckung in das unbewegliche Vermögen. Bis zu diesem Zeitpunkt kommt vorläufiger Rechtsschutz in Betracht. Dieser kann allerdings nicht so weit gehen, dass die Aufhebung einer bereits durchgeführten Vollstreckungsmaßnahme in Betracht kommt, sondern es kann nur die weitere Vollstreckung verhindert werden, also etwa die Verwertung einer bereits gepfändeten Sache.

[1] Klein/Werth, AO, 17. Aufl. 2023, § 256 Rz. 3.
[2] BFH v. 1.8.2002, VII B 352/00, BFH/NV 2002,1547; Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 256 AO Rz. 5.
[3] S. im Einzelnen die Erl. bei Dißars, in Schwarz/Pahlke/Keß, AO/FGO, zu § 257 AO; vgl. auch FG Münster v. 11.3.2005, 7 V 691/05, EFG 2005, 841.

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