Rz. 135

Ein Recht zu einer abgesonderten Befriedigung[1] haben Inhaber von Grundpfandrechten[2] sowie von rechtsgeschäftlichen oder gesetzlichen Pfandrechten.[3] Zudem gewähren Sicherungsabtretung und Sicherungseigentum einen Anspruch auf eine abgesonderte Befriedigung.[4] Dies gilt ebenso für verlängerte, erweiterte oder mit einer Konzernklausel versehene Eigentumsvorbehalte, da diese als pfandrechtsähnlich angesehen werden. Der einfache Eigentumsvorbehalt hingegen gewährt ein Aussonderungsrecht, der Berechtigte kann also die Herausgabe des Gegenstands aus der Insolvenzmasse verlangen.[5] Für die Finanzverwaltung ist insbesondere das Absonderungsrecht des Steuergläubigers nach § 76 AO zu beachten.[6]

 

Rz. 136

Bei Bestehen eines Absonderungsrechts hat der Gläubiger das Recht, dass der Erlös aus der Verwertung des Gegenstands zur Befriedigung seiner Forderung verwendet wird. Diese Befriedigung erfolgt dabei gem. § 170 Abs. 1 S. 2 InsO in der Weise, dass der Insolvenzverwalter den Gegenstand verwertet und dann aus dem Erlös den absonderungsberechtigten Gläubiger befriedigt. U. U. kann nach § 173 InsO dem Gläubiger auch das Recht zustehen, den Gegenstand selbst zu verwerten, wenn der Insolvenzverwalter nicht zur Verwertung berechtigt ist. Bei beiden Arten der Verwertung fließt der Erlös zunächst an den Gläubiger, jedoch der Teil, der die Kosten der Verwertung und die der geltend gemachten Forderung übersteigt, in die Insolvenzmasse.

 

Rz. 137

Umsatzsteuerlich bildet die Bestellung des Absonderungsrechts, also des Pfandrechts oder die Sicherungsübereignung, noch keinen umsatzsteuerbaren Vorgang, da dem Sicherungsnehmer noch nicht das Recht verschafft wird, über den Gegenstand zu verfügen. Dies geschieht erst mit dem Eintritt des Sicherungsfalls. Tritt dieser ein, erwirbt der Sicherungsnehmer bei der Sicherungsübereignung das Recht, den Gegenstand im eigenen Namen zu verwerten. Dies stellt eine steuerbare Lieferung des Schuldners an den Sicherungsnehmer zu diesem Zeitpunkt dar.[7] Mit dem Zeitpunkt, in dem die Verwertung beginnt, liegt ebenfalls eine steuerbare Lieferung vor. In der Verwertung durch den Sicherungsnehmer ist nämlich ein zweiter steuerbarer Vorgang zu sehen. Umsatzsteuerlich stellt sich daher der Vorgang als eine Lieferkette dar, bei der die Insolvenzmasse auf den Sicherungsnehmer und dieser auf den Abnehmer überträgt, wobei beide Lieferungen zum gleichen Zeitpunkt ablaufen.[8] Verwertet hingegen der Insolvenzverwalter den Gegenstand, liegt nur ein Umsatz der Insolvenzmasse an den Abnehmer vor. Der Abnehmer ist in dieser Konstellation nicht eingeschaltet.[9]

 

Rz. 137a

Verwertet der Insolvenzverwalter eine bewegliche Sache freihändig, an der ein Absonderungsrecht besteht, erbringt der Insolvenzverwalter selbst keine Leistung an den Sicherungsgeber, da die Verwertungskosten kraft Gesetzes entstehen.[10] Anders ist hingegen der Sachverhalt bei einer Veräußerung eines Grundstücks durch einen Insolvenzverwalter aufgrund einer Vereinbarung mit einem absonderungsberechtigten Grundpfandgläubiger zu werten, da in diesem Fall der Insolvenzverwalter eine entgeltliche Leistung für den Gläubiger ausführt, die umsatzsteuerbar ist.[11]

 

Rz. 138

Ist das zur abgesonderten Befriedigung berechtigende Recht ein Pfandrecht, besteht nicht das Recht des Pfandgläubigers, den Gegenstand im eigenen Namen zu verwerten. Es liegt damit allein ein Umsatz der Insolvenzmasse an den Abnehmer vor. Der Pfandgläubiger ist in diese Kette nicht eingeschaltet. Nur in den Fällen, in denen der Pfandgläubiger berechtigt ist, über den Gegenstand im eigenen Namen zu verfügen, liegt die geschilderte Umsatzkette vor.[12]

 

Rz. 139

Der mit dem Absonderungsrecht belastete Vermögensgegenstand ist Bestandteil der Insolvenzmasse. Hieraus folgt, dass die USt, die auf der Verwertung resultiert, auch aus der Masse zu entrichten ist. Nach § 171 Nr. 2 InsO stellt die USt Kosten der Verwertung der Masse dar. Die auf die Verwertung bei einer abgesonderten Befriedigung entfallende USt ist deshalb als Masseverbindlichkeit anzusehen, da sie auf einer Handlung des Insolvenzverwalters beruht.[13] Allerdings ist hierbei § 171 Abs. 2 S. 3 InsO zu berücksichtigen, der bestimmt, dass die USt aus der Verwertung der Masse aus dem Verwertungserlös im Vorweg zu begleichen ist.[14]

 

Rz. 140

Hypothek, Grundschuld und Rentenschuld berechtigen ebenfalls zu einer abgesonderten Befriedigung.[15] Nach § 1120 BGB unterliegen dieser Befriedigung auch Erzeugnisse, Bestandteile und Zubehör der Grundstücke. Diese Begriffe sind in §§ 93ff. BGB definiert.[16] Ferner kommt eine abgesonderte Befriedigung in Betracht, wenn vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits ein Zwangsversteigerungsverfahren nach § 21 ZVG durch eine Beschlagnahme in die Wege geleitet wurde.

[1] Frotscher, Besteuerung bei Insolvenz, 9. Aufl. 2021, 251ff.
[6] Allgemein zur Verwertung durch den Insolvenzverwalter aus umsatzsteuerlicher Sicht Bonertz, UR 2007, 241.
[7] ...

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