Rz. 6a

Der Anspruch auf Stundungszinsen entsteht mit der Bekanntgabe der Stundungsverfügung an den Adressaten.[1] Nach welcher Vorschrift der Anspruch gestundet worden ist, ist für die Zinspflicht bedeutungslos. Die Zinspflicht nach § 234 AO gilt sowohl für Stundungen, die in das Ermessen der Finanzbehörde gestellt sind[2], als auch für Stundungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht.[3] Nur wenn zur einzelnen Stundungsregelung ein Zinsausschluss[4] oder besondere Verzinsungsmodalitäten gesetzlich vorgesehen sind, kann Abweichendes gelten.

[2] Z. B. nach § 222 AO; § 39 RennWL AB.
[3] Z. B. nach § 6 Abs. 5 AStG; vgl. BFH v. 16.10.1991, I R 145/90, BStBl II 1992, 321; Klein/Rüsken, AO, 15. Aufl. 2020, § 234 Rz. 2.
[4] So z. B. § 6 Abs. 5 AStG.

2.1 Zinslauf

 

Rz. 7

Hinsichtlich des Zinslaufs stellen die Stundungszinsen auf die Dauer der gewährten Stundung ab. Diese Sollverzinsung weicht wie die Verzinsung nach § 233a AO von der sonst in der AO üblichen Ist-Verzinsung ab. Sie ist wegen des mit der Verzinsung in diesen Fällen sonst verbundenen Verwaltungsaufwandes vorgesehen, der auch bei Überschreitung des Mindestbetrags für die Festsetzung von 10 EUR[1] häufig in keinem Verhältnis zum Zinsertrag steht. Bei der in § 234 AO getroffenen Regelung können die Zinsen sofort in der Stundungsverfügung berechnet, festgesetzt und eventuell in einen Tilgungsplan eingearbeitet werden. Grundlage der Stundungszinsen sind daher lediglich die Stundung einzelner Beträge sowie die gewährte Dauer. Das gilt auch für eine rückwirkende Stundung.

 

Rz. 8

Vorzeitige Zahlungen trotz gewährter Stundung ändern an der Zinspflicht grundsätzlich nichts; auf die tatsächlich in Anspruch genommene Stundung kommt es nicht an (s. aber Rz. 22). Diese entfällt insoweit nur, als die Stundungsverfügung zurückgenommen[2] oder widerrufen[3] und die Stundung selbst nicht mehr gewährt wird. Im Fall des vollen oder teilweisen Widerrufs oder der Rücknahme der Stundungsverfügung ist der auf der Stundungsverfügung beruhende Zinsbescheid in entsprechender Anwendung der §§ 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 171 Abs. 10 AO ebenfalls aufzuheben oder zu ändern[4], möglicherweise auch mit Rückwirkung. Bei vorzeitigen Zahlungen kann jedoch im Einzelfall ein Verzicht auf Stundungszinsen nach Abs. 2 in Betracht kommen (vgl. dazu Rz. 28). Zu den Rechtsfolgen einer Aufhebung, Änderung oder Berichtigung der Festsetzung des Anspruchs aus dem Steuerschuldverhältnis vgl. Rz. 8.

Zahlt der Verpflichtete die gestundeten Beträge nach Ablauf der Stundungsfrist für den Gesamtbetrag bzw. für die einzelne Rate nicht, so werden vom Ablauf der Stundung an Säumniszuschläge verwirkt.[5]

 

Rz. 9

Stundungszinsen sind für die Dauer der gewährten Stundung, also für den Zinslauf, zu zahlen. Der Zinslauf beginnt mit dem ersten Tag der Stundungswirkungen.[6] Der erste Tag der Stundung zählt also mit. Das ist regelmäßig der Tag nach dem Fälligkeitstag, der unter Berücksichtigung des § 108 Abs. 3 AO bei eigentlicher Fälligkeit an einem Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag sich auf den nächsten Werktag verschiebt.

 
Praxis-Beispiel
  1. Fälligkeitstag ist der 22.2.2019 (Freitag). Der Zinslauf beginnt am 23.2.2019 (Samstag).
  2. Fälligkeitstag ist der 23.2.2019 (Samstag). Die Zahlungsfrist endet gem. § 108 Abs. 3 AO erst am 25.2.2019 (Montag). Der Zinslauf beginnt am 26.2.2019 (Dienstag).

Bei rückwirkender Stundung beginnt der Zinslauf mit dem angegebenen Tag der Rückwirkung (z. B. bei "rückwirkend ab 1.3." zählt der 1.3. mit).

 

Rz. 10

Der Zinslauf endet mit dem in der Stundungsverfügung genannten letzten Tag der Stundung, bei Ratenzahlungen jeweils für die einzelne Rate mit dem Fälligkeitstag. Wenn dieser auf einen Samstag, Sonntag oder gesetzlichen Feiertag fällt, verschiebt er sich wiederum auf den nächsten Werktag. In den Zinslauf sind diese Tage einschließlich des folgenden Werktages einzubeziehen.[7]

[4] Ebenso Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 234 AO Rz. 9; s. auch § 239 Abs. 1 S. 1 AO.
[7] AEAO, § 234 Nr. 5; Heuermann, in HHSp, AO/FGO, § 234 AO Rz. 10; anders Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 234 AO Rz. 5

2.2 Anschlussstundung

 

Rz. 11

Bei einer Anschlussstundung (= Verlängerung der Stundung) ist nach dem Wortlaut des § 234 AO ("gewährte Stundung") eine gesonderte Betrachtung dieser neu gewährten Stundung anzustellen.[1] Es beginnt also am ersten Tag der neuen Stundungswirkungen ein neuer Zinslauf.[2] Dauert die erste Stundung 2½ Monate, die Anschlussstundung 2¾ Monate, so sind jeweils nur für 2 volle Monate Stundungszinsen zu berechnen. Auch die Kleinbetragsregelung ist nochmals anzuwenden. Dies dient ebenfalls der Vereinfachung, da die neue Zinsberechnung sich auf die Daten der Anschlussstundung selbst beschränken kann, die frühere Stundung und Zinsberechnung (einschließlich Festsetzung) jedoch nicht zu überprüfen oder zu korrigieren hat. Etwas anderes kann nur gelten, wenn die Stundungsverfügung nach § 130 Abs. 2 AO durch eine andere Regelung ersetzt wird.[3...

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