Rz. 110

Von großer Bedeutung sind die Vertrauensschutzregelungen in Art. 97 § 15 Abs. 14 Sätze 2 und 3 EGAO.

Nach Art. 97 § 15 Abs. 14 S. 2 EGAO ist bei Anwendung des § 233a Abs. 5 S 3 Halbs. 2 AO für die Minderung von Nachzahlungszinsen der Zinssatz maßgeblich, der bei der ursprünglichen Festsetzung der Nachzahlungszinsen zugrunde gelegt wurde. Daraus ergibt sich das "Verschlechterungsverbot".

 

Rz. 111

Gem. Art. 97 § 15 Abs. 14 S. 3 EGAO ist dabei § 176 Abs 1 S. 1 Nr. 1 AO mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Zinsen, die sich aufgrund der Neuberechnung bisher festgesetzter Zinsen nach den Sätzen 1 und 2 ergeben, die vor Anwendung der Neuberechnung festgesetzten Zinsen nicht übersteigen dürfen. Daraus ergibt sich bei reinen Erstattungszinsen, dass sich bei einer Neuberechnung der Erstattungszinsen keine Verschlechterung ergeben kann. Hierbei ist gleichgültig, ob der Erstattungsbetrag unanfechtbar festgesetzt war oder änderbar ist. Bei der Festsetzung von Nachzahlungszinsen steht der Anwendung des Zinssatzes von jetzt 0,15 % ab 1.1.2019 nichts entgegen.

 

Rz. 112

Bei "gemischten" Zinsfestsetzungen (Nachzahlungs- und Erstattungszinsen) ist § 176 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO auf das Gesamtergebnis der Neuberechnung anzuwenden.

 
Praxis-Beispiel

Der Zinsfestsetzung nach § 233a AO über 50.000 EUR liegt eine Zinshöhe von 0,5 % je Monat zugrunde; die Zinsfestsetzung ist vorläufig ergangen. Es liegen für diesen Teilzinszeitraum Nachzahlungs- und Erstattungszinsen vor. Bei der Neuberechnung werden ab 1.1.2019 sowohl Nachzahlungszinsen als auch Erstattungszinsen mit dem neueren Zinssatz von 0,15 % pro Monat neu berechnet.

Ergibt sich bei der Neuberechnung eine geringere Zinsbelastung, wird die Zinsfestsetzung zugunsten des Stpfl. berichtigt. Bei einer höheren Zinsbelastung bleibt die Zinsfestsetzung unverändert.[1]

 

Rz. 113

Die materiell-rechtliche Bedeutung der § 233a Abs. 5 AO liegt in der Berechnung des Unterschiedsbetrags für die Zinsberechnung. Die Regelung knüpft systematisch an Abs. 3 an, der allgemein die Maßstäbe für die Zinsberechnung bestimmt und modifiziert diese Maßstäbe speziell für die dort genannten Fälle der Korrektur der Steuerfestsetzung.[2] § 233a Abs. 5 S. 1 und 2 AO ist zu entnehmen, dass nur der Unterschiedsbetrag zwischen der nunmehr festzusetzenden und der vorher festgesetzten Steuer zu berechnen ist; eine hilfsweise Neuberechnung zur Ermittlung der von der festgesetzten Steuer abweichenden fiktiven Steuer ist nicht vorgesehen.[3] Eine Neuberechnung der Zinsen erfolgt aber nicht durch eine "Gesamtaufrollung", sondern nur durch eine Neuberechnung der Zinsen nach Maßgabe der Änderung der festgesetzten Steuer. Der geänderte Steuerbescheid und der Zinsbescheid stehen im Verhältnis von Grundlagen- und Folgebescheid. Das ergibt sich aus der akzessorischen Natur des Zinsanspruchs und aus § 233a Abs. 5 AO, der die Korrekturvorschrift des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO verdrängt.[4]

 

Rz. 114

Abs. 5 gilt für alle Aufhebungen, Änderungen und Berichtigungen nach § 129 AO einer Steuerfestsetzung; die Rechtsgrundlage der Änderung ist ohne Bedeutung.[5] Die Änderungsgrundlage für die Steuerfestsetzung kann sich etwa aus der AO oder aus einem Einzelsteuergesetz ergeben.[6] Die Vorschrift gilt danach z. B. für Änderungen beim Fehlen einer Bestandskraft nach §§ 164 Abs. 2 u. 165 Abs. 2 AO, wegen Fehlerberichtigung nach § 129 AO oder nach §§ 172175 AO einschließlich der Gegenrechnung nach § 177 AO.

Abs. 5 erfasst auch die Änderungen in einem außergerichtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren, wenn das Gericht entscheidet[7], oder bei einer Änderung aufgrund einer Entscheidung des Gerichts.[8] Die Vorschrift gilt auch im Fall wiederholter Änderungen und Berichtigungen. Eine Änderung ist auch (Teil-)Abhilfe durch das FA im gerichtlichen Verfahren unabhängig davon, ob einer Erledigung des Verfahrens eintritt oder der geänderte Bescheid nach § 68 FGO Gegenstand des Klageverfahrens wird.[9] Dagegen ist eine unzutreffende Zinsfestsetzung nach den üblichen Änderungs- oder Berichtigungsregeln zu korrigieren, wenn die Steuerfestsetzung unverändert bleibt.

 

Rz. 115

Der § 233a Abs. 2a AO[10] über eine besondere Karenzzeit und einen besonderen Zinslaufbeginn in Fällen eines rückwirkenden Ereignissen i. S. d. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 2 AO oder eines Verlustrückträgen nach § 10d Abs. 1 EStG ist keine gegenüber Abs. 5 bestehende Sonderregelung für Änderungen. Abs. 2a befasst sich vielmehr mit der Berücksichtigung von Verlustrückträgen und rückwirkenden Ereignissen ohne Änderung eines Steuerbescheids (s. Rz. 98). Wird allerdings der in einer Steuerfestsetzung berücksichtigte Verlustrücktrag geändert oder ein rückwirkendes Ereignis durch Änderung eines Steuerbescheids gem. § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO zum Tragen gebracht, so ist eine Änderung i. S. d. Abs. 5 gegeben. Hierfür lässt Abs. 7 auch den Abs. 5 entsprechend anwenden.

 

Rz. 116

Bei einer Berichtigung nach § 17 Abs. 1 UStG über § 14 Abs. 2 S. 2 UStG, die ohne Rückwirkung jeweils in der ...

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