Rz. 94

Ergibt sich ein negativer Unterschiedsbetrag (Mindersoll), da die anzurechnenden Beträge höher als die festgesetzte Steuer liegen, so wird der zu verzinsende Betrag möglicherweise eingeschränkt. Zinsen sollen insoweit nicht festgesetzt und ausgezahlt werden, als die anzurechnenden Beträge nicht gezahlt worden sind. Da dies vor allem für die Vorauszahlungen gilt und die Abführung der Steuerabzugsbeträge beim Abzugsberechtigten praktisch nicht geprüft werden kann, ist die Verzinsung des Unterschiedsbetrags auf den nach Abrechnung tatsächlich zu erstattenden Betrag beschränkt worden. Hierin liegt eine Abweichung vom Prinzip der Sollversteuerung zugunsten der Ist-Verzinsung, mit dem die Kassenvorgänge sonst völlig aus der Verzinsung herausgehalten werden. Sind die Vorauszahlungen überhaupt nicht geleistet worden und andere Beträge nicht anzurechnen, ergibt sich also auch kein Zins. Umgekehrt ist bei einer Überzahlung der festgesetzten Vorauszahlungen keine erhöhte Verzinsung die Folge.[1]

Abs. 3 S. 3 beschränkt die Verzinsung, die sich an sich auf den Unterschiedsbetrag bezieht, auf die tatsächlich gezahlten Beträge. Ist mehr als der Unterschiedsbetrag zu erstatten, so erstrecken sich die Zinsen nur auf den Unterschiedsbetrag. Da der tatsächlich zu erstattende Betrag möglicherweise lange nach Fälligkeit gezahlt worden sein kann (z. B. durch Beitreibung), beginnt die Verzinsung des zu erstattenden Betrages insoweit frühestens mit dem Zahlungstag.

Auch für Teil-Unterschiedsbeträge zugunsten des Stpfl. gilt die Beschränkung auf die gezahlten Beträge. Zur Zuordnung der geleisteten Zahlungen auf die fiktiven Steuerbeträge vgl. Rz. 8.

 

Rz. 95

Werden Vorauszahlungen durch Änderung des Vorauszahlungsbescheids nachträglich erhöht oder herabgesetzt, so ist dies bei der Zinsberechnung nun nicht mehr zu berücksichtigen. Nach Abs. 3 i. d. F. des JStG 1997 ist die festgesetzte Steuer bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrages nun nicht mehr allgemein um die festgesetzten Vorauszahlungen, sondern nur noch um die bis zum Beginn des Zinslaufs festgesetzten Vorauszahlungen zu vermindern (vgl. schon Rz. 84). Damit ist für Zinsläufe, die nach dem 27.12.1996 (Inkrafttreten der Gesetzesänderung) enden, eine spätere Anpassung der Vorauszahlungen für die Verzinsung ohne Bedeutung.[2]

Die Änderung des Abs. 3 durch das JStG 1997 mit Wirkung ab 27.12.1996 ist eine Änderung der Rechtslage und nicht lediglich eine Klarstellung. Erst ab Inkrafttreten der geänderten Fassung des Abs. 3 am 27.11.1996 sind allein die festgesetzten Vorauszahlungen für den Unterschiedsbetrag maßgebend. Für die Zeit vor dem 27.12.1996 sind allerdings Änderungen des Vorauszahlungsbescheids zu berücksichtigen; diese früheren Einschränkungen haben jedoch keine Bedeutung mehr.[3]

 

Rz. 96

Eine Heraufsetzung der Vorauszahlungen durch Änderung des Vorauszahlungsbescheids nach § 164 Abs. 2 AO ist u. U. für Beträge mit besonderen Karenzzeiten[4] möglich, da in diesen Fällen der Zinslauf erst sehr viel später beginnt. Abs. 3 S. 1 lässt nämlich bei Ermittlung des Unterschiedsbetrags die festgesetzte Steuer außer um Steuerabzugsbeträge und die anrechenbare KSt nur um die vor dem Zinslaufbeginn festgesetzten Vorauszahlungen mindern. Da jedoch der Zinslaufbeginn in den Fällen mit besonderer Karenzzeit lange Zeit nach der üblichen Festsetzung von Vorauszahlungen und der Möglichkeit der Festsetzung einer Anpassungsvorauszahlung liegt, ist hier eine Änderung des Vorauszahlungsbescheids nach § 164 Abs. 1 AO möglich und manchmal sinnvoll.

 

Rz. 97

Bei allen Steuerarten, die für eine Verzinsung nach § 233a AO in Betracht kommen, gibt es Vorauszahlungen. Sind solche festgesetzt oder – bei der USt – angemeldet (Steueranmeldung = Steuerfestsetzung unter Vorbehalt, § 168 AO) worden, so sind sie bei der Ermittlung des Unterschiedsbetrags zu berücksichtigen. Das gilt auch für die sog. Anpassungsvorauszahlung (5. Vorauszahlung), die das FA bis zum Ablauf von 15 Monaten (bzw. 23 Monaten bei Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft) nach dem Veranlagungsjahr festsetzen kann.[5] Da diese Festsetzung stets vor dem Ablauf der Karenzzeit liegt, gibt es in diesen Fällen auch keine Probleme. Entstehen ungeachtet der freiwilligen Zahlung Nachzahlungszinsen, können diese u. U. zu erlassen sein.[6]

 

Rz. 98

Steuerabzugsbeträge kommen nur bei der ESt[7], bei der KSt[8] und bei der USt[9] für eine Anrechnung in Betracht. Eine Verzinsung setzt voraus, dass die Beträge auch tatsächlich geleistet worden sind.

[1] Begrenzung der Ist-Verzinsung durch die Sollverzinsung vgl. z. B. Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 233a AO Rz. 46ff.
[5] Vgl. z. B. § 37 Abs. 3 S. 4 EStG.
[6] Loose, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 233a AO Rz. 43.
[8] §§ 31 und 37 KStG.
[9] Angemeldete Beträge, § 18 Abs. 1 und 2 UStG.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge