Rz. 64

Dieser Unterbrechungsgrund gilt sowohl für Ansprüche der Finanzbehörde gegen den Stpfl. als auch für gegen die Finanzbehörde gerichtete Ansprüche (Erstattungs-, Vergütungsansprüche usw.). Es muss sich um eine Maßnahme handeln, die vom konkreten Willen zur Geltendmachung des Anspruchs getragen ist. Aus der Geltendmachung müssen Art und Umfang des geltend gemachten Anspruchs ersichtlich sein.[1] Die Unterbrechung der Verjährungsfrist tritt nur gegenüber demjenigen Schuldner ein, demgegenüber der Anspruch schriftlich geltend gemacht wird. Die schriftliche Geltendmachung muss durch die sachlich zuständige Finanzbehörde erfolgen; örtliche Unzuständigkeit schadet aber nicht (Rz. 14).

Die Geltendmachung gegenüber dem Stpfl. unterbricht die Verjährungsfrist daher nicht gegenüber dem Haftenden, die Geltendmachung gegenüber einer Personen- oder Kapitalgesellschaft nicht gegenüber einem Gesellschafter, die Geltendmachung gegenüber dem Arbeitgeber nicht gegenüber dem Arbeitnehmer.

 

Rz. 65

Seitens der Finanzbehörde kann diese Geltendmachung Verwaltungsakt sein, es kann sich aber auch um eine einfache Aufforderung handeln. Sie kann in der Form der Zahlungsaufforderung mit dem Steuerbescheid verbunden sein,[2] sie kann (isoliertes) Leistungsgebot nach § 254 AO,[3] Mahnung oder Zahlungserinnerung nach § 259 AO[4] sein, oder sie kann in Form der Zahlungsaufforderung bei Haftungsbescheiden nach § 219 AO ergehen.[5] Bloße innerdienstliche Maßnahmen wie Sollstellung genügen nicht. Ebenfalls nicht genügt eine automatische Versendung von Kontenauszügen, in denen die Verbindlichkeit ausgewiesen ist.[6] Dies ist, selbst wenn der Stpfl. darin standardisiert zur Zahlung aufgefordert wird, keine "Geltendmachung".[7] Ein Steuerbescheid, der nicht mit einer Zahlungsaufforderung versehen ist, sowie ein Feststellungs- oder Messbescheid ist keine Geltendmachung in diesem Sinne.[8]

 

Rz. 66

Ein Erstattungsanspruch muss durch den Stpfl. oder in seinem Namen und in seiner Vollmacht durch einen Dritten geltend gemacht werden. Seitens des Gläubigers eines gegen die Finanzbehörde gerichteten Anspruchs genügt die unzweideutige Mitteilung, dass der Gläubiger auf der Erfüllung eines bestimmt bezeichneten Anspruchs besteht (Zahlungsaufforderung usw.).[9] Unbestrittenheit des Anspruchs ist nicht Voraussetzung.

Wendet sich der Stpfl. mit seiner Zahlungsaufforderung an eine sachlich unzuständige Finanzbehörde, tritt die Unterbrechung der Zahlungsverjährung nur bei rechtzeitiger Weiterleitung an die zuständige Finanzbehörde ein. Nur örtliche Unzuständigkeit der adressierten Behörde schließt die Unterbrechung der Zahlungsverjährung dagegen nicht aus (Rz. 12). So kann es nicht zu Lasten des Schuldners gehen, wenn er sich mit seiner Zahlungsaufforderung an die Finanzbehörde wendet, die den VA erlassen hat, statt an die inzwischen zuständig gewordene Behörde.[10]

 

Rz. 67

Sowohl Unterbrechungshandlungen der Finanzbehörde als auch die des Gläubigers eines gegen die Finanzbehörde gerichteten Anspruchs müssen schriftlich erfolgen. Ein einfacher Brief genügt, mündliche Geltendmachung genügt nicht.[11] Der Gesetzeswortlaut ist insoweit eindeutig. Dagegen kann bei Eröffnung eines entsprechenden Zugangs durch die Finanzbehörde[12] die Geltendmachung auch in elektronischer Form erfolgen[13], ohne dass es vonseiten des Stpfl. einer qualifizierten elektronischen Signatur bedürfte, da kein Unterschriftserfordernis besteht.[14] Die Unterbrechung tritt nur zugunsten desjenigen Steuerschuldners ein, der seinen Erstattungsanspruch schriftlich geltend gemacht hat.

 

Rz. 68

Die Zahlungsaufforderung oder sonstige schriftliche Geltendmachung des Anspruchs muss so bestimmt sein, dass der Schuldner (Stpfl. oder Finanzbehörde) erkennen kann, wegen welcher Ansprüche die Verjährungsunterbrechung eintritt. Sie muss daher regelmäßig Art der Steueransprüche bzw. Erstattungsansprüche, Zeitraum (Veranlagungszeitraum) und Betrag enthalten. Zweifel insoweit schaden nicht, wenn sie sich durch Auslegung sicher beheben lassen. Dazu sind auch andere, dem konkreten Schuldner bekannte Unterlagen (z. B. Steuerbescheide) heranzuziehen.[15] Lassen sich Zweifel am sachlichen, persönlichen und zeitlichen Umfang der Zahlungsaufforderung oder Anspruchsgeltendmachung durch Auslegung nicht beseitigen, tritt keine Verjährungsunterbrechung ein.[16]

 

Rz. 69

Unabhängig davon, ob es sich bei der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs um einen Verwaltungsakt handelt oder nicht, muss das Schriftstück, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, dem Schuldner zugehen.[17] Soweit dem entgegengehalten wird, das Zugangserfordernis gelte nur für Verwaltungsakte, aufgrund ihres Charakters als Realakt aber nicht für die Mahnung, dort genüge die Absendung[18], ist dem nicht zuzustimmen. Die Rspr. des BFH beruht nicht auf dem Charakter als Verwaltungsakt, sondern darauf, dass aus rechtsstaatlichen Gründen der Schuldner eindeutig wissen muss, ob Zahlungsverjährung eingetreten ist oder nicht; das gilt auch für die Mahnung. D...

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