Rz. 23

Mit dem Abrechnungsbescheid wird darüber entschieden, ob und inwieweit ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis noch besteht, der in einem Steuerbescheid oder in einer anderen Grundlage für seine Verwirklichung festgesetzt worden ist.[1] Die sowohl die Finanzbehörde als auch den Adressaten bindende[2] Entscheidung betrifft die Verwirklichung des einzelnen Anspruchs.[3] Sie ist nicht gleichsam ein "Kontoauszug" über den kassenmäßigen Stand unter Berücksichtigung aller gegenseitigen Ansprüche. Sie kann sich auf die Abrechnung im Anschluss an die Festsetzung eines Anspruchs z. B. durch Steuerbescheid beziehen[4] oder auf das Bestehen eines Anspruchs (z. B. Erstattungsanspruchs), dessen Schicksal unabhängig von einer Festsetzung ist (z. B. bei einer Doppelzahlung). Die Streitigkeiten können insbesondere aus Fragen der Wirksamkeit einer Aufrechnung[5], des Eintritts der Zahlungsverjährung[6], des Umfangs eines gewährten Billigkeitserlasses, der Wirksamkeit einer Pfändung[7] oder der Zahlung selbst, z. B. bei Verbuchung auf eine nicht gewünschte Schuld oder in Fällen der Hingabe von Kunstgegenständen an Zahlungs statt nach § 224a, folgen. Sie können sich auch daraus ergeben, dass die Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen[8] oder Vorauszahlungen[9] unterschiedlich gesehen wird. Die Anrechnung selbst auf die Steuerschuld ist dagegen nicht Gegenstand des Abrechnungsbescheids, sondern der Anrechnungsverfügung.[10]

 

Rz. 23a

Kein Anspruch auf Erteilung eines Abrechnungsbescheids besteht, wenn als Vorfrage für die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche die Aufteilung einer Gesamtschuld beantragt wird[11] oder wenn sich FA und Stpfl. einig sind, dass Verjährung eingetreten ist[12] oder der Abschluss eines Verrechnungsvertrags verwehrt wird.[13] Gleichfalls kein Abrechnungsbescheid darf ergehen, wenn die Rückforderung einer auf einer unberechtigten Insolvenzanfechtung beruhenden Leistung des FA umstritten ist.[14] Auch über den Rückzahlungsanspruch einer Bank wegen einer Fehlüberweisung kann kein Abrechnungsbescheid ergehen.[15] Gleiches gilt für einbehaltene, aber nicht abgeführte Steuer für die Ausübung einer künstlerischen Leistung im Inland.[16]

 

Rz. 24

Die Entscheidung nach § 218 Abs. 2 AO betrifft die Streitigkeiten über einen oder mehrere Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis. Gegenstand des Antrags auf Erl. eines Abrechnungsbescheids kann also nicht der Saldo oder die Summe aller Ansprüche aus dem Steuerrechtsverhältnis oder gar mehrerer oder aller Ansprüche zwischen der Finanzbehörde und dem Stpfl. sein. § 218 Abs. 2 AO bezieht sich vielmehr auf die Verwirklichung der Ansprüche i. S. d. § 218 Abs. 1 AO, also einzelner konkreter Ansprüche. Entsprechend hat die Finanzbehörde sich bei ihrer Entscheidung auf diese Ansprüche zu beschränken.[17] Andererseits hat sie für diese Ansprüche alle Zahlungs- und sonstigen Umstände zu berücksichtigen, z. B. in Fällen der Aufrechnung oder Verrechnung, damit der Stpfl. das Bestehen der Ansprüche so genau wie möglich erkennen kann und so eine Überprüfung im Rechtsbehelfsweg möglich ist. Das FA hat hierzu bei der Annahme eines Erlöschenstatbestands genaue Angaben über die Erlöschensgründe, bei der Ablehnung des Erlöschens die Gründe hierfür möglichst genau darzulegen.[18]

 

Rz. 25

Der Abrechnungsbescheid befasst sich stets mit Zahlungsansprüchen. Grundsätzlich betrifft die Entscheidung die Frage, ob ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder teilweise erloschen ist. Dabei kommen alle Erlöschensgründe des § 47 AO und ebenfalls die dort nicht genannten[19] als Grundlagen der Streitigkeiten in Betracht. Die Frage der Entstehung des Anspruchs ist dagegen grds. nicht Gegenstand des Abrechnungsbescheids.[20] Sie ist ein Teil der Grundlage für die Verwirklichung des Anspruchs. Ausnahmsweise ist die Entstehung doch Grundlage der Entscheidung durch den Abrechnungsbescheid, wenn eine Festsetzung des Anspruchs nicht in Betracht kommt.[21] Das gilt insbesondere für die Säumniszuschläge[22], aber auch für die anderen ohne zugrunde liegenden Bescheid zu verwirklichenden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis, vor allem die Erstattungsansprüche i. S. d. § 37 Abs. 2 AO[23] oder bei einem Ineinandergehen von Steuerfestsetzung und Erhebung.[24]

 

Rz. 26

Solange ein Bescheid materiell-rechtlich unrichtig ist, muss für den Abrechnungsbescheid gleichwohl von diesem unzutreffenden Bescheid ausgegangen werden. Ist z. B. das Bestehen einer umsatzsteuerlichen Organschaft im Steuerbescheid nicht berücksichtigt worden, ist vom Fortbestand der USt-Schuld der Organtochter auszugehen, bis der USt-Bescheid gegen sie aufgehoben wird.[25] Ist eine Steuer im Steuerbescheid zu hoch oder zu niedrig festgesetzt worden, ist ebenfalls von dieser Grundlage i. S. d. Abs. 1 auszugehen. Für den Abrechnungsbescheid maßgebend ist also die formelle Bescheidsituation. Auch Treu und Glauben wegen fehlerhafter, z. B. doppelter, Steuerfestsetzung kann im Abrechnungsbescheid keine Wirkungen haben.[26] Dagegen kann u...

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