1 Rechtsentwicklung und Bedeutung der Vorschrift

 

Rz. 1

§ 224a ist durch das Kultur- und Stiftungsförderungsgesetz v. 13.12.1990[1] in das Gesetz eingefügt worden. Zweck der Regelung ist die Förderung des privaten Mäzenatentums, um günstige Rahmenbedingungen zu schaffen, unter denen sich das kulturelle Leben entfalten kann. § 224a hat in diesem Kontext die Aufgabe, die Veräußerung von Sammlungen oder Kunstgegenständen usw. zu vermeiden, wenn diese sonst durch die Belastung mit VSt und ErbSt erzwungen würde. Diese Gegenstände können an Zahlungs statt durch öffentlich-rechtlichen Vertrag dem Staat übereignet werden. Dadurch wird der Stpfl. von seiner Steuerschuld befreit, der Staat erwirbt die kulturell bedeutsamen Gegenstände, die dadurch der Allgemeinheit zugänglich werden. Damit wird die private Veräußerung vermieden, durch die die Gegenstände der Allgemeinheit entzogen werden könnten.

Die Vorschrift korrespondiert bzw. korrespondierte mit folgenden ebenfalls durch das Kultur- und Stiftungsförderungsgesetz eingefügten Vorschriften:

  • § 110 Abs. 1 Nr. 12 S. 2 BewG (inzwischen aufgehoben), wonach Kunstgegenstände usw. nicht zum sonstigen Vermögen gehören, wenn der Eigentümer sich bereit erklärt, sie für jeweils 5 Jahre für öffentliche Ausstellungen zur Verfügung zu stellen; diese Gegenstände waren dadurch von der früheren VSt befreit;
  • § 29 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, wonach die ErbSt und SchenkSt rückwirkend erlöschen, wenn die Kunstgegenstände innerhalb von 24 Monaten nach dem Erwerb der öffentlichen Hand oder einer Stiftung zugewendet werden.
 

Rz. 2

Die Vorschrift ist im Rahmen der AO ohne Vorbild und finanzpolitisch nicht unbedenklich. Steuern, auch die VSt und ErbSt, dienen nicht bestimmten Zwecken, sondern allgemein der Deckung aller Staatsausgaben. Durch die Hingabe der Kulturgegenstände an Zahlungs statt wird im Ergebnis ein Teil des VSt- und ErbSt-Aufkommens für den "Ankauf" von Kunstgegenständen reserviert und das Entscheidungsprivileg des Parlaments über die Verwendung der Finanzmittel (Privileg der Aufstellung des Haushaltsplans) umgangen. Es wird daher regelmäßig die Zustimmung des Parlaments zu einem solchen öffentlich-rechtlichen Vertrag eingeholt werden müssen. Eine diesbezügliche Vorschrift im Entwurf ist nicht Gesetz geworden, doch dürfte dies aus verfassungsrechtlichen Gründen auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung gelten.

Problematisch ist auch die Bewertung der hingegebenen Gegenstände, insbesondere bei einmaligen Kunstgegenständen und bei Sammlungen dürfte ein Marktwert nicht bestehen oder nicht feststellbar sein. Es besteht daher die Gefahr, dass politische Auseinandersetzungen über den Wert der Gegenstände entstehen, um so mehr, wenn das Parlament nicht ordnungsgemäß eingeschaltet wird.

[1] BStBl I 1991, 51.

2 Tatbestand

2.1 Zu tilgende Steuern

 

Rz. 3

Die Hingabe an Zahlungs statt von Kunstwerken usw. kann zur Tilgung von ErbSt und VSt geschehen. Da die VSt aufgrund von BVerfG v. 22.6.1995, 2 BvL 37/91, BGBl I 1995, 1091 ab 1997 nicht mehr erhoben werden darf, ist zur Zeit eine VSt gesetzlich nicht mehr geregelt. Dadurch hat sich die Wirkung des § 224a auf die ErbSt und auf etwa noch zu leistende VSt für Zeiträume bis 1996 reduziert. Nach dem Wortlaut des § 224a muss es sich um ErbSt und VSt gerade des Stpfl. handeln; die Tilgung einer fremden Schuld durch Hingabe an Zahlungs statt ist in § 224a nicht vorgesehen. Da jedoch die Steuerschuld grundsätzlich auch durch einen Dritten getilgt werden kann (§ 48), wird ein Dritter die fremde Steuerschuld auch durch Hingabe an Erfüllungs statt tilgen können (ebenso Kruse, in T/K, AO, § 234a Rz. 6).

Ist der Stpfl. Mitunternehmer einer Personengesellschaft, können die Kunstgegenstände auch der Personengesellschaft gehören. Eine Kapitalgesellschaft kann die eigene VSt durch Hingabe an Zahlungs statt tilgen, im Rahmen einer Erfüllung durch einen Dritten aber auch die ErbSt und VSt eines Gesellschafters. Stpfl., Schuldner der Steuer und Eigentümer der zu übertragenden Gegenstände müssen daher, abweichend vom Wortlaut der Vorschrift, nicht dieselbe Person sein.

 

Rz. 4

Die Tilgung durch Hingabe an Zahlungs statt ist auf die ErbSt und VSt beschränkt. Die zur Tilgung hingegebenen Gegenstände müssen immer an den Steuergläubiger übertragen werden; damit sollen Verschiebungen im Steueraufkommen verhindert werden. Aus diesem Grund verbot es sich auch, die Tilgung von Gemeinschaftsteuern (ESt, KSt, USt) durch Hingabe an Zahlungs statt zuzulassen.

 

Rz. 5

Es ist nicht erforderlich, dass die durch Hingabe an Zahlungs statt getilgte Steuer gerade auf den hingegebenen Gegenständen beruht. ErbSt und VSt können also auch dann auf diese Weise getilgt werden, wenn die Steuer auf anderen Gegenständen (z. B. Betriebs-, Grund- und Kapitalvermögen) beruht oder die hingegebenen Gegenstände sogar von der jeweiligen Steuer befreit sind.

2.2 Zur Tilgung hingegebene Gegenstände

 

Rz. 6

An Zahlungs statt hingegeben werden können Kunstgegenstände, Kunstsammlungen, wissenschaftliche Sammlungen, Bibliotheken, Handschriften und Archive.

Der Begriff der "Kunst" ist der gleiche wie in § 52 Abs. 2 Nr. 1; vgl. § 52 Rz. 26. Kuns...

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