3.1 Grundlagen

 

Rz. 21

Durch Abrechnungsbescheid nach § 218 Abs. 2 S. 1 AO hat die Finanzbehörde über Streitigkeiten zu entscheiden, die die Verwirklichung der Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis i. S. d. § 218 Abs. 1 AO betreffen.[1] Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen hat der Betroffene folglich einen Anspruch auf Erteilung eines Abrechnungsbescheids.[2] Es handelt sich hierbei um eine Entscheidung des Erhebungsverfahrens. Der zugrunde liegende Bescheid oder sonstige Verwaltungsakt wird durch diese Entscheidung nicht berührt. Während also § 218 Abs. 1 AO die Klammer zwischen Festsetzungs- und Erhebungsverfahren bildet, befindet sich das Verfahren nach § 218 Abs. 2 AO bereits im Erhebungsverfahren.[3] Einwendungen gegen die Steuerfestsetzung können deshalb nicht im Abrechnungsbescheid berücksichtigt oder gegen diesen erhoben werden.[4] Vereinzelt bestehen allerdings Abgrenzungsprobleme darin, ob eine Frage zur Steuerfestsetzung oder bereits zur Abrechnung gehört.[5] Auch kann eine doppelte Befassung der Steuerfestsetzung und des Abrechnungsbescheids eintreten, z. B. beim Streit über den Zeitpunkt der Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen.[6] Der Antrag auf Erteilung eines Abrechnungsbescheids nach § 218 Abs. 2 AO kann deshalb auch als eine Art zusätzlicher Rechtsbehelf bezeichnet werden. Eine Feststellungsklage ist deshalb unzulässig, wenn die Möglichkeit eines Abrechnungsbescheids gegeben ist.[7]

 

Rz. 22

Der Abrechnungsbescheid hat grds. ausschließlich deklaratorischen Charakter. Nur soweit er von der zutreffenden materiellen Rechtslage abweicht, wirkt er im Einzelfall ausnahmsweise konstitutiv. Zur Vollziehbarkeit des Abrechnungsbescheids s. Rz. 40. Durch das ZollkodexAnpG[8] wurde der Wortlaut der Bestimmung geändert. Der seit vielen Jahren gebräuchliche Begriff des Abrechnungsbescheids findet sich jetzt auch als Legaldefinition im Gesetz.

[1] Alber, in HHSp, AO/FGO, § 218 AO Rz. 76.
[2] Klein/Rüsken, AO, 15. Aufl. 2020, § 218 Rz. 10.
[3] Alber, in HHSp, AO/FGO, § 218 AO Rz. 81.
[4] BFH v. 22.7.1986, VII R 10/82, BStBl II 1986, 776; BFH v. 28.4.1992, VII R 33/91, BStBl II 1992, 81; Klein/Rüsken, AO, 15. Aufl. 2020, § 218 Rz. 13a f.; Alber, in HHSp, AO/FGO, § 218 AO Rz. 83.
[8] Gesetz zur Anpassung der AO an den ZK der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 22.12.2014, BGBl I 2014, 2417.

3.2 Gegenstand der Abrechnungsbescheide

 

Rz. 23

Mit dem Abrechnungsbescheid wird darüber entschieden, ob und inwieweit ein Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis noch besteht, der in einem Steuerbescheid oder in einer anderen Grundlage für seine Verwirklichung festgesetzt worden ist.[1] Die sowohl die Finanzbehörde als auch den Adressaten bindende[2] Entscheidung betrifft die Verwirklichung des einzelnen Anspruchs.[3] Sie ist nicht gleichsam ein "Kontoauszug" über den kassenmäßigen Stand unter Berücksichtigung aller gegenseitigen Ansprüche. Sie kann sich auf die Abrechnung im Anschluss an die Festsetzung eines Anspruchs z. B. durch Steuerbescheid beziehen[4] oder auf das Bestehen eines Anspruchs (z. B. Erstattungsanspruchs), dessen Schicksal unabhängig von einer Festsetzung ist (z. B. bei einer Doppelzahlung). Die Streitigkeiten können insbesondere aus Fragen der Wirksamkeit einer Aufrechnung[5], des Eintritts der Zahlungsverjährung[6], des Umfangs eines gewährten Billigkeitserlasses, der Wirksamkeit einer Pfändung[7] oder der Zahlung selbst, z. B. bei Verbuchung auf eine nicht gewünschte Schuld oder in Fällen der Hingabe von Kunstgegenständen an Zahlungs statt nach § 224a, folgen. Sie können sich auch daraus ergeben, dass die Anrechnung von Steuerabzugsbeträgen[8] oder Vorauszahlungen[9] unterschiedlich gesehen wird. Die Anrechnung selbst auf die Steuerschuld ist dagegen nicht Gegenstand des Abrechnungsbescheids, sondern der Anrechnungsverfügung.[10]

 

Rz. 23a

Kein Anspruch auf Erteilung eines Abrechnungsbescheids besteht, wenn als Vorfrage für die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche die Aufteilung einer Gesamtschuld beantragt wird[11] oder wenn sich FA und Stpfl. einig sind, dass Verjährung eingetreten ist[12] oder der Abschluss eines Verrechnungsvertrags verwehrt wird.[13] Gleichfalls kein Abrechnungsbescheid darf ergehen, wenn die Rückforderung einer auf einer unberechtigten Insolvenzanfechtung beruhenden Leistung des FA umstritten ist.[14] Auch über den Rückzahlungsanspruch einer Bank wegen einer Fehlüberweisung kann kein Abrechnungsbescheid ergehen.[15] Gleiches gilt für einbehaltene, aber nicht abgeführte Steuer für die Ausübung einer künstlerischen Leistung im Inland.[16]

 

Rz. 24

Die Entscheidung nach § 218 Abs. 2 AO betrifft die Streitigkeiten über einen oder mehrere Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis. Gegenstand des Antrags auf Erl. eines Abrechnungsbescheids kann also nicht der Saldo oder die Summe aller Ansprüche aus dem Steuerrechtsverhältnis oder gar mehrerer oder aller Ansp...

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