Rz. 25

Die Bestimmung des Rechtscharakters der Ermittlungstätigkeit der Fahndung nach § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO ist nicht nur für die Gestaltung des Rechtswegs bei Maßnahmen in diesem Aufgabenbereich von Bedeutung, sondern vorrangig für den Inhalt der Rechtsstellung des Bürgers im Verfahren. Diese wird durch den Umfang der Mitwirkungspflicht (s. Rz. 56ff.) gekennzeichnet. Die Fahndungsmaßnahmen zur Aufdeckung und Ermittlung unbekannter Steuerfälle sind nach zutreffender h. M. durch die Eingliederung der Fahndung in die finanzbehördliche Organisation, aufgrund der Steueraufsichtsaufgabe und der Anwendbarkeit der allgemeinen Verwaltungsverfahrensvorschriften der Tätigkeitsbereich nach § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO zu den Abgabenangelegenheiten i. S. v. § 347 AO bzw. § 33 FGO zu rechnen ist.[1] Die Fahndung erfüllt in diesem Bereich eine Aufgabe des Besteuerungsverfahrens, dessen Ziel der gesetzesmäßigen Besteuerung ohne die Regelung des § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO nicht erreicht werden könnte (s. Rz. 24). In diesem Aufgabengebiet getroffene Ermittlungsmaßnahmen haben demgemäß einen steuerrechtlichen Rechtscharakter. Dementsprechend geht der BGH davon aus, dass eine Beschuldigtenbelehrung des Betroffenen erst dann erfolgen muss, wenn der konkrete Verdacht einer Steuerstraftat gegen ihn besteht. Ein Verwertungsverbot komme demnach erst dann in Betracht, wenn trotz starken Tatverdachts nicht von der Zeugen- zur Beschuldigtenvernehmung übergegangen worden sei und auf diese Weise die Beschuldigtenrechte umgangen worden seien.[2] Nur weil die Fahndung zumeist nur in ihrer polizeilichen Funktion gesehen wird, erscheint diese gesetzliche Aufgabenzuweisung nicht als rechtsstaatlich bedenklich.[3] Die Fahndung hat infolge der insoweit eindeutigen Voraussetzungen für die Ermittlungsbefugnisse nach § 208 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 AO kein Wahlrecht, in welchem Verfahren sie tätig wird (s. Rz. 40). Sie kann also insbesondere den Inhalt der Mitwirkungspflicht nicht gestalten.

[1] BFH v. 29.10.1986, VIII R 82/85, BStBl II 1987, 336; BFH v. 6.2.2001, VII B 277/00, BStBl II 2001, 306; vgl. auch BT-Drs. 7/4292, 36; Seer, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 208 AO Rz. 26; Klein/Rüsken, AO, 14. Aufl. 2018, § 208 Rz. 71; Kühnel, DStZ 1981, 95; Klos, wistra 1988, 92f.
[3] Matthes, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 404 AO Rz. 80ff; Randt, in Joecks/Jäger/randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015 Rz. 42; a. A. Schick, in HHSp, AO/FGO, § 208 AO Rz. 41ff.; Tormöhlen, in HHSp, AO/FGO, § 404 AO Rz. 104f.

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