Rz. 16

Nach §§ 93, 200 Abs. 1 AO trifft den Stpfl. eine Vielzahl von Pflichten. Diese Pflichten sind aber noch nicht konkretisiert i. d. S., dass durch Gesetz festgelegt ist, ob und welche Pflichten zu welchem Zeitpunkt zu erfüllen sind. Es besteht vielmehr nur eine Pflichtigkeit, im Rahmen einer Außenprüfung noch zu konkretisierende Pflichten zu erfüllen (vgl. auch § 196 AO Rz. 1ff.). Die Pflichtigkeit des Stpfl. muss also im Rahmen der Außenprüfung noch konkretisiert, d. h., es muss bestimmt werden, welche genau bezeichnete Pflicht der Stpfl. zu welchem Zeitpunkt zu erfüllen hat. Diese Konkretisierung erfolgt durch den Außenprüfer. Der Prüfer bestimmt durch seine Anfragen (Auskunftsersuchen, Ersuchen um Vorlage bestimmter Urkunden usw.), welche in den Rahmen der Pflichtigkeit des § 200 Abs. 1 AO fallende Pflicht der Stpfl. zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfüllen hat.

Diese Konkretisierung liegt im Ermessen des Außenprüfers. Er kann daher nach seinem Ermessen Unterlagen und Auskünfte anfordern. Dieses Ermessen muss pflichtgemäß ausgeübt werden, wobei der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten ist[1]. Die Anforderungen des Außenprüfers müssen zur Feststellung des steuerlichen Sachverhalts notwendig, sie müssen verhältnismäßig, erfüllbar und zumutbar sein[2]. Soweit die Auskünfte und Unterlagen Sachverhalte betreffen, die in den Rahmen der Außenprüfung fallen, ist die Anforderung regelmäßig ermessensgerecht. Ermessensfehlerhaft ist lediglich die Anforderung von Auskünften und Unterlagen, bei denen feststeht, dass sie unter keinem möglichen Gesichtspunkt für die Außenprüfung von Bedeutung sein können. Solange eine Möglichkeit besteht, dass sie eine steuerliche Bedeutung haben, handelt der ­Prüfer ermessensgerecht. Richtet sich das Vorlageverlangen des Prüfers auf Vorlage von Unterlagen, die nicht existieren, ist das Vorlageverlangen nichtig[3]. Das betrifft auch Aufzeichnungen, die der Stpfl. hätte führen müssen. Die Folge ist dann Schätzung nach § 162 AO, nicht die Erzwingung der Vorlage von nicht existierenden Unterlagen. Unverhältnismäßig ist das Vorlageverlangen, soweit die Unterlagen freiwillig geführt worden sind und soweit sich die erforderlichen Angaben bereits aus anderen, dem Prüfer vorliegenden Unterlagen mit der erforderlichen Sicherheit ergeben[4]. M. E. kann dies nur gelten, wenn die Vorlage der angeforderten Unterlagen für den Stpfl. mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist. Das Verlangen, Aufzeichnungen vorzulegen, die nach den gesetzlichen Vorschriften geführt werden müssen, ist niemals unverhältnismäßig. Ein Vorlageverlangen ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil das FA die betroffenen Besteuerungsgrundlagen schätzen könnte[5].

 

Rz. 16a

Eine allgemeine Grenze für die Ermessensausübung ist die Zumutbarkeit. Allerdings dürften die Erteilung von Auskünften und die Vorlage von Urkunden, die steuerliche Bedeutung haben (können), regelmäßig nicht unzumutbar sein; der Stpfl. kann der steuerlichen Belastung regelmäßig nicht mit dem Argument der Unzumutbarkeit entgehen.

 

Rz. 17

Da durch die einzelne Anforderung des Außenprüfers die allgemeine Pflichtigkeit des Stpfl. zu einer konkreten Pflicht konkretisiert wird, ist diese Anforderung grundsätzlich Verwaltungsakt i. S. d. § 118 AO[6]. Sie ist daher mit dem Einspruch anfechtbar. Zu Verwertungsverboten in diesem Zusammenhang vgl. § 196 AO Rz. 17ff.

 

Rz. 17a

Allerdings ist nicht jede Aufforderung des Prüfers, Auskunft zu erteilen oder Unterlagen vorzulegen, als Verwaltungsakt anzusehen. Ein Verwaltungsakt setzt den Regelungswillen der Finanzbehörde voraus, also den Willen, den Stpfl. aufgrund der Gesetze mit öffentlich-rechtlicher Zwangsgewalt zur Erfüllung seiner Verpflichtungen in Anspruch zu nehmen. Die Bitte des Außenprüfers um Vorlage von Unterlagen oder Erteilung von Auskünften bewegt sich demgegenüber regelmäßig auf tatsächlichem Gebiet. Der Stpfl. soll nicht mit hoheitlicher Zwangsgewalt in Anspruch genommen werden, der Prüfer will ihn vielmehr lediglich darüber informieren, was er zur Durchführung der Prüfung noch benötigt[7]. Das gilt auch für Fragebögen, mit denen der Betriebsprüfer die für die Prüfung wesentlichen Daten und Tatsachen sammeln will[8]. Ein Verwaltungsakt liegt demgegenüber nur vor, wenn mit der Anforderung erkennbar eine rechtliche Verpflichtung des Stpfl. geltend gemacht wird[9]. Die Erkennbarkeit der Inanspruchnahme aufgrund einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung kann sich etwa aus einer Rechtsbehelfsbelehrung, der Androhung von Zwangsmitteln oder aus sonstigen Umständen, etwa der eindeutigen Wortwahl, ergeben.

 

Rz. 17b

Soweit die Anforderung Verwaltungsakt ist, kann sie durch Festsetzung eines Zwangsgelds durchgesetzt werden[10]. Neben der Erzwingung der Erfüllung der Mitwirkungspflichten kann nach § 146 Abs. 2b AO ein Verzögerungsgeld von 2.500 EUR bis 250.000 EUR festgesetzt werden, wenn der Stpfl. seiner Pflicht zur Auskunftserteilung oder zur Vorlage von angeforderten Unterlagen innerhalb einer von dem ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge