Rz. 207

Durch Gesetz v. 21.12.1993[1] ist in Abs. 5 die Nr. 2 angefügt und damit die Möglichkeit geschaffen worden, anrechenbare Steuerbeträge gesondert festzustellen. Diese Feststellung ist sinnvoll, soweit die Erträge mehreren gemeinschaftlich zustehen und damit auch die anrechenbare Steuer auf mehrere Stpfl. zu verteilen ist. Da für die Stpfl. mehrere FÄ zuständig sein können, Steuerbescheinigungen aber nur einmal erteilt werden, kommt es ohne die Feststellung zu verfahrensrechtlichen Schwierigkeiten. Nach der Neuregelung kann das Feststellungsfinanzamt die Anrechenbarkeit anhand der Steuerbescheinigung prüfen. Dem Wohnsitzfinanzamt braucht dann die Steuerbescheinigung nicht mehr vorgelegt zu werden. Es ist vielmehr an den Inhalt der Feststellung gebunden.

 

Rz. 207a

Systematisch weist diese Feststellung die Besonderheit auf, dass die Feststellung als Grundlagenbescheid nicht auf Erlass eines im Steuerfestsetzungsverfahren zu erlassenden Steuerbescheids gerichtet ist, sondern auf einen im Erhebungsverfahren ergehenden Verwaltungsakt. Die Anrechnung der Steuerabzugsbeträge, für die die Feststellung nach Abs. 5 Nr. 2 bindend ist, erfolgt nicht in einem Steuerbescheid nach § 155 AO, sondern im Abrechnungsteil oder in einem Abrechnungsbescheid nach § 218 AO. Folgebescheid ist also der Abrechnungsteil oder der Abrechnungsbescheid nach § 218 AO. Wegen dieser Besonderheiten enthält § 182 Abs. 1 S. 2 AO eine besondere Bestimmung über die Bindungswirkung für das Erhebungsverfahren.[2]

 

Rz. 208

Festgestellt werden die Steuerabzugsbeträge, d. h. in der Regel die KapESt. Möglich ist auch die Feststellung einer dem § 50a EStG entsprechenden ausländischen Abzugsteuer. Die Feststellung erfolgt in den Fällen des § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 2. Es handelt sich also um folgende Fälle:

  • Die abzugspflichtigen Einkünfte stehen mehreren Personen gemeinschaftlich zu, etwa weil der Gläubiger der Kapitalerträge eine Mitunternehmerschaft ist (vgl. Rz. 57).
  • Bei betrieblichen Einkünften fallen Wohnsitzfinanzamt und Betriebsstättenfinanzamt auseinander. Zur Feststellung kommt es, wenn die abzugspflichtigen Einkünfte zu dem betrieblichen Bereich gehören. Da dann die Höhe der Einkünfte in die Feststellung einbezogen wird, ist es zweckmäßig, dass das Betriebsstättenfinanzamt auch die dazugehörige anrechenbare Steuer feststellt und diese Entscheidung nicht dem Wohnsitzfinanzamt überlässt.
  • Feststellung bei gleichartigen Sachverhalten, Abs. 2. Zur Feststellung kann es etwa kommen, wenn den Stpfl., die an einem Gesamtobjekt beteiligt sind, Zinsen auf Vorauszahlungen oder Garantiebeträge gezahlt werden.

Auf die Feststellung der anrechenbaren Steuer ist auch Abs. 3 anzuwenden. Die Feststellung unterbleibt also, wenn nach Abs. 3 kein Bedürfnis für sie besteht.

 

Rz. 208a

Wird die Feststellung der Steuerabzugsbeträge geändert, ist die Anrechnungsverfügung bzw. der Abrechnungsbescheid nach § 182 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 AO in entsprechender Anwendung des § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO anzupassen. Für die Verjährungsfrist gilt jedoch § 171 Abs. 10 AO nicht, weil die Anrechnungsverfügung bzw. der Abrechnungsbescheid im Erhebungsverfahren, nicht im Steuerfestsetzungsverfahren ergeht. Im Steuererhebungsverfahren gilt nicht die Festsetzungsverjährung nach §§ 169ff. AO, auf die sich § 171 Abs. 10 AO bezieht, sondern die Zahlungsverjährung nach § 228ff. AO. § 171 Abs. 10 AO ist insoweit auch nicht in Bezug genommen worden. Die Anpassung der Anrechnungsverfügung bzw. des Abrechnungsbescheids kann daher noch innerhalb der 5-jährigen Verjährungsfrist des § 228 S. 1 AO erfolgen.[3] Unklar ist jedoch, ab wann diese Verjährungsfrist zu laufen beginnt. Sie beginnt m. E. mit Wirksamwerden des auf dem Feststellungsbescheid beruhenden Einkommensteuerbescheids. Nach § 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG hängt die Anrechnung der Abzugsbeträge davon ab, dass die entsprechenden Einkünfte in der Steuerfestsetzung erfasst worden sind. Dies ist der nach § 229 Abs. 1 AO maßgebende Zeitpunkt, da erst ab diesem Zeitpunkt eine etwaige Fälligkeit des Anspruchs eintreten kann. Dagegen ist das Wirksamwerden des Feststellungsbescheids nicht maßgeblich, in dem die Abzugsbeträge gesondert festgestellt werden. Für den Beginn der Zahlungsverjährung ist der Fälligkeitszeitpunkt maßgebend, die gesonderte Feststellung der Abzugsbeträge hat jedoch keine Auswirkungen auf die Fälligkeit der Steuerschuld bzw. einer Erstattung aufgrund der Abzugsbeträge.[4]

 

Rz. 209

Da die Vorschrift auf § 180 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Abs. 2 AO verweist, können nach dem Wortlaut der Vorschrift nur Steuerabzugsbeträge festgestellt werden, die auf die ESt bzw. KSt anzurechnen sind.[5] Die Vorschrift erfasst daher nicht die auf den SolZ anrechenbaren Steuerabzugsbeträge. Zwar ist die AO nach § 1 Abs. 1 AO auch auf den SolZ anwendbar, doch hilft dies nicht darüber hinweg, dass sich § 180 Abs. 5 AO nur auf Abzugsteuern bezieht, die auf ESt oder KSt anzurechnen sind. § 51a EStG enthält keine Bestimmung, dass die für die Feststellung von Einkünfte...

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