Rz. 47

In zeitlicher Hinsicht ist für den Beginn des Vertrauensschutzes maßgebend, dass die für den Stpfl. günstige Entscheidung bei Erlass der Steuerfestsetzung bereits vorlag, d. h. veröffentlicht war.[1] Nur dann kann die Entscheidung von der Verwaltung angewandt worden sein, nur dann kann der Stpfl. auf den Bestand der Steuerfestsetzung vertrauen. Ergeht die günstige Rspr. nach dem Erlass des Steuerbescheids, entsteht kein Vertrauenstatbestand, auch wenn die Steuerfestsetzung der später veröffentlichten BFH-Entscheidung entspricht. Die Verwaltung kann dann die günstige Rspr. nicht "angewandt" haben.[2] Vertrauensschutz kann nur eintreten, wenn diese günstige Rspr. nach Erlass der Steuerfestsetzung geändert worden ist.

 

Rz. 48

Der Vertrauensschutz endet mit der Veröffentlichung der ändernden BFH-Rechtsprechung. Es muss sich aber um eine "Änderung" der Rechtsprechung handeln. Eine Ankündigung in einer Entscheidung des BFH, die Rechtsprechung künftig zu ändern, genügt nicht, um den Vertrauensschutz zu beseitigen. Daher genügt auch die Vorlage eines Senats an den Großen Senat des BFH nicht, um von der Rechtsprechung eines anderen Senats abweichen zu können. Die Änderung der Rechtsprechung, die den Vertrauensschutz beendet, liegt erst in der Entscheidung des Großen Senats.[3] Seine abweichende Ansicht stützt Loose (a. a. O.) darauf, dass der Stpfl. nicht mehr schutzwürdig ist, wenn die Rechtsfrage aufgrund einer abweichenden Auffassung eines anderen Senats des BFH dem Großen Senat vorgelegt werde; dann müsse der Stpfl. mit einer Änderung der Rechtsprechung rechnen. Diese Argumentation ist inkonsequent, da Loose in Übereinstimmung mit der hier vertretenen Ansicht (vgl. Rz. 28) vertreten hat, dass eine besondere Schutzwürdigkeit des Stpfl. nicht Tatbestandsvoraussetzung ist. Das Gesetz sagt eindeutig, dass maßgebend die "Änderung" der Rechtsprechung ist, nicht die mögliche oder zu erwartende Änderung.

[2] Im Ergebnis ebenso FG Baden-Württemberg v. 29.10.1992, 6 K 179/88, EFG 1993, 337; BFH v. 8.2.1995, I R 127/93, BStBl II 1995, 764, wonach ein Urteil frühestens nach der Absendung an die Verfahrensbeteiligten vom FA "angewandt" worden sein kann.
[3] Vgl. Rödder/Hageböke, Ubg 2014, 13, 19; a. A. Loose in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 176 AO Rz. 16.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge