Rz. 167

Das Gleiche wie in Rz. 157 gilt, wenn der Stpfl. eine der in den in Abs. 9 genannten Bestimmungen vorgesehene Anzeige erstattet. Auch hier soll der Finanzbehörde mindestens ein Jahr zur Verfügung stehen, um aus der Anzeige die steuerlichen Konsequenzen zu ziehen. Nach Abs. 9 tritt daher eine Ablaufhemmung von einem Jahr nach Eingang der Anzeige ein. Es muss sich um eine Anzeige des Stpfl. darüber handeln, dass eine von ihm abgegebene Steuererklärung unrichtig war bzw. dass er die Angaben ergänzt. Das ist nicht der Fall, wenn lediglich eine (neue oder zusätzliche) gesetzlich vorgeschriebene Steueranmeldung oder Meldung abgegeben wird, selbst wenn sich hieraus die Unrichtigkeit einer früheren Steuererklärung ergibt.[1]

 

Rz. 168

Anzeigen i. S. d. Abs. 9 sind nur die Anzeige nach § 153 AO und die Selbstanzeige nach §§ 371, 378 AO. Diese Aufzählung der Anzeigen ist abschließend; andere Anzeigen haben nicht die Wirkung der Ablaufhemmung.[2]

 

Rz. 169

Ablaufhemmung tritt nur ein, wenn die Anzeige vor Eintritt der Festsetzungsverjährung erfolgt; ist bereits Verjährung eingetreten, kann die Anzeige keine hemmende Wirkung mehr haben.[3] Dabei ist bei Vorliegen der Voraussetzungen die verlängerte Festsetzungsfrist bei Steuerhinterziehung oder leichtfertiger Steuerverkürzung zu berücksichtigen. "Erfolgt" ist die Anzeige, wenn sie bei der zuständigen Finanzbehörde eingeht. Maßgebend ist der Eingang bei der örtlich und sachlich zuständigen Finanzbehörde, nicht der Zeitpunkt der Absendung der Anzeige.

 

Rz. 170

Erstattet der Stpfl. die Anzeige bei dem örtlich und/oder sachlich unzuständigen FA innerhalb der Festsetzungsfrist, ist die Anzeige insofern wirksam erstattet, als die Ablaufhemmung eintritt. Die Jahresfrist des Abs. 9 beginnt aber erst mit Eingang der Anzeige bei dem örtlich und sachlich zuständigen FA zu laufen.[4] Es ist also zu unterscheiden zwischen dem Eintritt der Ablaufhemmung und der Jahresfrist, die die Dauer der Ablaufhemmung bestimmt. Der Grund hierfür liegt darin, dass es die Obliegenheit des Stpfl. ist, die Anzeige bei dem zuständigen FA anzubringen. Er soll es nicht in der Hand haben, kurz vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Anzeige bei dem unzuständigen FA einzureichen und dadurch seine Verpflichtung zur Berichtigung der Steuererklärung zu erfüllen, aber gleichzeitig der Finanzbehörde die Möglichkeit zu nehmen, diese Anzeige innerhalb der Festsetzungsfrist auszuwerten.

 

Rz. 171

Die Anzeige muss inhaltlich so gestaltet sein, dass die Finanzbehörde den steuerpflichtigen Sachverhalt feststellen kann. Der steuerpflichtige Sachverhalt muss also beschrieben und die Besteuerungsgrundlagen müssen angegeben werden. Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass in der Anzeige Steuerart und Veranlagungszeitraum benannt und der Sachverhalt so konkret geschildert wird, dass der Gegenstand der Anzeige erkennbar wird.[5] Dann ist der Gegenstand der Anzeige ausreichend konkretisiert, sodass die Finanzbehörde eigene Ermittlungen anstellen und die Besteuerungsgrundlagen erforderlichenfalls schätzen kann. Im Ergebnis bedeutet dies, dass die Ablaufhemmung bei der Selbstanzeige früher eintritt als die strafbefreiende Wirkung und dass eine Selbstanzeige nach § 171 Abs. 9 AO geringere Voraussetzungen hat als die Selbstanzeige nach § 371 AO. Diese setzt voraus, dass hierfür nach § 371 Abs. 1 AO eine vollständige Erklärung der von der Steuerverkürzung betroffenen Besteuerungsgrundlagen erforderlich ist.

 

Rz. 172

Der Umfang der Ablaufhemmung erfasst nur diejenigen Steuern, die auf dem in der Anzeige mitgeteilten Sachverhalt beruhen.[6]

 

Rz. 173

Die Ablaufhemmung nach Abs. 9 schließt eine Ablaufhemmung nach anderen Vorschriften nicht aus.[7] Hat der Stpfl. eine Anzeige nach Abs. 9 abgegeben, kann das FA daher, solange die ungehemmte Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist, eine Ablaufhemmung nach einer anderen Vorschrift herbeiführen, z. B. nach Abs. 4 durch eine Außenprüfung oder nach Abs. 5 eine Steuerfahndungsprüfung. Für die Frage, ob der Tatbestand der Ablaufhemmung vor Ablauf der Festsetzungsfrist eingetreten ist, ist die Ablaufhemmung nach Abs. 9 aber nicht zu berücksichtigen; der Tatbestand der Ablaufhemmung muss also vor dem Ende der Festsetzungsfrist von 4, 5 oder 10 Jahren erfüllt sein. Die Ablaufhemmung nach Abs. 4 oder Abs. 5 wirkt dann weiter, auch wenn die Jahresfrist nach Abs. 9 abgelaufen ist.[8]

[2] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 171 AO Rz. 84;Banniza, in HHSp, AO/FGO, § 171 AO Rz. 157; Paetsch, in Gosch, AO/FGO, § 171 AO Rz. 150.
[3] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 171 AO, Rz. 84; Banniza, in HHSp, AO/FGO, § 171 AO Rz. 184.
[5] BFH v. 21.4.2010, X R 1/08, BStBl II 2010, 771, BFH/NV 2010, 1517 für die Selbstanzeige.
[7] Grund...

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