Rz. 54

Ist die Festsetzung einer Steuer oder Steuervergütung von einem Antrag abhängig[1], tritt keine Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 AO ein, weil keine Verpflichtung zur Stellung des Antrags besteht. Damit verbleibt es für den Beginn der Festsetzungsfrist für die erstmalige Festsetzung bei der Regelung des Abs. 1 (vgl. Rz. 1ff.). Lediglich für eine spätere Aufhebung oder Änderung enthält Abs. 3 eine Anlaufhemmung. Die Unterscheidung zwischen erstmaliger Festsetzung und Änderung der Steuervergütung ist sachgerecht, weil den Stpfl. die Obliegenheit trifft, den erstmaligen Antrag innerhalb der Festsetzungsfrist zu stellen. Für die Aufhebung oder Änderung, nicht aber für die erstmalige Festsetzung beginnt danach die Festsetzungsfrist frühestens mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem der Antrag gestellt wird.[2] Stellung des Antrags ist Eingang des Antrags bei der zuständigen inanzbehörde. Sinn dieser Vorschrift ist, dass sonst bei späterer Antragstellung der Finanzbehörde nur verhältnismäßig wenig Zeit bliebe, eine fehlerhafte Festsetzung aufzuheben oder zu ändern. Diese Regelung hat zur Folge, dass die Festsetzungsfrist für die erstmalige Festsetzung und die für eine Aufhebung oder Änderung jeweils gesondert zu berechnen sind.

 

Rz. 55

Für die erstmalige Festsetzung gilt keine Anlaufhemmung. Die Festsetzungsfrist beginnt mit dem Schluss desjenigen Jahrs, in dem der Anspruch entstanden ist. Für die Änderung dieser erstmaligen Festsetzung gilt dagegen eine Anlaufhemmung. Die Festsetzungsfrist beginnt mit Ablauf desjenigen Kalenderjahrs, in dem der Antrag auf die Steuervergütung gestellt worden ist. Das kann zur Folge haben, dass die Festsetzungsfrist für die erstmalige Festsetzung abgelaufen ist, die für eine Änderung dieser Festsetzung aber nicht. Ist die Festsetzungsfrist für die Änderung der Vergütungsfestsetzung danach nicht abgelaufen, ist dies bedeutungslos, da eine Steuervergütung, die nicht mehr (erstmalig) festgesetzt werden kann, auch keiner Änderungsfestsetzung unterliegen kann.

 

Rz. 56

Ursprünglich galt die Anlaufhemmung nur für die Aufhebung oder Änderung der Steuerfestsetzung. Durch Gesetz v. 21.12.1993, BStBl I 1994, 50 ist diese Regelung auch auf die Berichtigung nach § 129 AO ausgedehnt worden. Da auch diese Berichtigung der Festsetzungsverjährung gem. § 169 Abs. 1 S. 2 AO unterliegt, ist es konsequent, die Anlaufhemmung auf diese Fälle auszudehnen. Die Neuregelung gilt für alle im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes am 30.12.1993 noch nicht abgelaufenen Festsetzungsfristen.[3]

 

Rz. 57

Nach § 181 Abs. 1 S. 3 AO ist § 170 Abs. 3 AO bei freiwilliger Abgabe einer Feststellungserklärung nach § 180 Abs. 2 AO entsprechend anzuwenden; vgl. Frotscher, in Schwarz/Pahlke, AO/FGO, § 181 AO Rz. 8, 12.

[1] Vgl. § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG; InvZul.
[2] BFH v. 29.3.2001, III R 1/99, BStBl II 2001, 432, BFH/NV 2001, 954 für die InvZul; ebenso BFH v. 22.6.2001, III B 76/00, BFH/NV 2002, 72; BFH v. 18.5,2017, III R 20/14, BStBl II 2017, 1167, BFH/NV 2017, 1675, Rz. 38.

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