3.1.1 Regelmäßige Festsetzungsfrist

 

Rz. 22

Die Festsetzungsfrist für Verbrauchsteuern und Verbrauchsteuervergütungen beträgt nach Abs. 2 Nr. 1 ein Jahr. Verbrauchsteuern i. S. d. § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO sind Steuern auf Waren, die zu kurzfristigem Verbrauch bestimmt sind, die an den Übergang aus dem steuerlich gebundenen in den freien Verkehr anknüpfen und die bestimmt sind, auf den Verbraucher übergewälzt zu werden. Der Stpfl. hat ein besonderes Interesse an einer schnellen Rechtssicherheit, um seine Verkaufspreise kalkulieren zu können. Verfahrensmäßig werden sie summarisch, rechnerisch an Mengen anknüpfend und oft von untergeordneten Stellen mit geringer Mitwirkung des Stpfl. festgesetzt.[1] Verbrauchsteuern sind danach die Stromsteuer, die Energiesteuer, die Tabaksteuer, die Kaffeesteuer, die Schaumweinsteuer, die Alkopopsteuer, die Biersteuer und die Kernbrennstoffsteuer. Die kurze Verjährungsfrist von einem Jahr gilt auch für Ansprüche auf Vergütung von Verbrauchsteuern, da auf Steuervergütungsansprüche nach § 155 Abs. 5 AO die Vorschriften über die Steuerfestsetzung sinngemäß anzuwenden sind.[2] Die USt fällt aufgrund ihrer technischen Ausgestaltung und ihrer Verwaltung durch die Landesfinanzbehörden nicht unter § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO. Die Einfuhrumsatzsteuer wird kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung in § 21 Abs. 1 UStG als Verbrauchsteuer eingeordnet. Aufwandsteuern, die die gesteigerte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Stpfl. erfassen sollen, sind keine Verbrauchsteuern. Die Berliner Zweitwohnungsteuer ist daher keine Verbrauchsteuer.[3] Die kurze Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO korrespondiert mit der wegen des Massenverfahrens erforderlichen uneingeschränkten Änderungsbefugnis nach § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO.[4] Auch die kurze Verjährungsfrist des § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 AO verlängert sich nach § 169 Abs. 2 S. 2 und 3 AO.

 

Rz. 23

Für die nicht unter Abs. 2 Nr. 1 genannten Steuern und Steuervergütungen beträgt die Festsetzungsfrist 4 Jahre. Hierunter fallen die Besitz- und Verkehrsteuern, die USt ohne die Einfuhrumsatzsteuer[5], die Kfz-Steuer, die Realsteuern und Steuervergütungen, Prämien und Zulagen, auf die die Vorschriften über Steuern anzuwenden sind. Zu den Steuervergütungen gehört nach § 31 S. 3 EStG auch das Kindergeld.[6] Für die örtlichen Aufwands- und Verbrauchsteuern gilt die Festsetzungsverjährung nach den Kommunalabgabengesetzen der Länder. In ihnen ist regelmäßig eine Festsetzungsfrist von 4 Jahren enthalten. Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung fallen Einfuhr- und Ausfuhrabgaben nach Art. 5 Nr. 20, 21 ZK nicht § 169 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO; insoweit gilt der EU-Zollkodex (Rz. 5). Die längere Festsetzungsfrist des § 169 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 AO korrespondiert mit der erschwerten Durchbrechung der Bestandskraft nach §§ 172 Abs. 1 Nr. 2, 173 AO.

3.1.2 Verlängerung der Festsetzungsfrist

3.1.2.1 Allgemeines

 

Rz. 24

Die Festsetzungsfrist kann nicht durch behördliche Entscheidung verlängert werden. Ihre Dauer, ihr Beginn, ihr Ende und mögliche Hemmungsgründe sind in §§ 169ff. AO abschließend geregelt. Die Länge der Festsetzungsfrist unterliegt auch nicht der Vereinbarung von Finanzbehörde und Stpfl. Da die Festsetzungsfrist von Amts wegen zu beachten ist und zum Erlöschen des Steueranspruchs führt, ist auch eine Vereinbarung, bei der eine oder beide Parteien vereinbaren, sich nicht auf den Ablauf der Festsetzungsfrist berufen zu wollen, gegenstandslos.

 

Rz. 24a

Die Festsetzungsfrist verlängert sich nach § 169 Abs. 2 S. 1 AO bei einer Steuerhinterziehung nach § 370 AO auf 10 Jahre, bei einer leichtfertigen Steuerverkürzung nach § 378 AO auf 5 Jahre. Diese Regelung gilt für alle Steuern, also auch Verbrauchsteuern, soweit sie dem nationalen Recht unterliegen. Für Steuern, für die der ZK gilt, wie Einfuhr- und Ausfuhrabgaben, Verbrauchsteuern, soweit sie an den EU-Außengrenzen erhoben werden, und EUSt tritt für hinterzogene Abgaben die Verlängerung auf 10 Jahre ein. Dagegen ist insoweit die Verlängerung für leichtfertig verkürzte Abgaben auf 5 Jahre nicht anwendbar (Rz. 5).

 

Rz. 25

Für den Haftungsbescheid enthält § 191 Abs. 3 S. 2 AO entsprechende Verlängerungen der Festsetzungsfrist, wenn die Haftung auf §§ 70, 71 AO beruht, dagegen nicht bei der Haftung nach § 69 AO, selbst wenn eine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung zugrunde liegt.[1]

 

Rz. 26

Der Grund für die Verlängerung der Festsetzungsfrist bei Steuerhinterziehung und leichtfertiger Steuerverkürzung liegt in der erschw...

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