Rz. 211

Tatbestandsmerkmal der Steuerhinterziehung ist nach § 370 Abs. 1 AO, dass Steuern verkürzt worden sind. Das Vorliegen dieses Tatbestandsmerkmals ist mit der im Strafverfahren erforderlichen Sicherheit mit den strafprozessualen Beweismitteln nachzuweisen, wenn es zu einer Bestrafung kommen soll. Im Strafverfahren dürfen daher die Ergebnisse einer Schätzung im Veranlagungsverfahren nicht unbesehen übernommen werden. Der Strafrichter muss sich selbstständig, im Weg der Beweiswürdigung und ggf. unter Anwendung des Grundsatzes "in dubio pro reo", seine Überzeugung bilden, ob und in welcher Höhe Steuern verkürzt worden sind. Dabei können die Ergebnisse einer Schätzung nach § 162 AO ein Indiz bilden, ersetzen aber die strafrechtliche Überzeugungsbildung des Strafrichters nicht.[1] Soweit das Vorliegen einer Steuerstraftat oder -ordnungswidrigkeit zum Tatbestand einer steuerlichen Vorschrift gehört, ist das Vorliegen der objektiven und subjektiven Voraussetzungen, allerdings nur mit Wirkung für das Steuerverfahren, nicht für das Straf- oder Bußgeldverfahren, nach steuerrechtlichen Grundsätzen zu ermitteln. Dabei kann die Höhe der Besteuerungsgrundlagen auch geschätzt werden.[2]

[1] Marschall, DStR 1979, 587; Bilsdorfer, DStZ 1982, 298 m. w. N.; Renger, BB 1985, 720; Hild, DB 1996, 2300.

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