Rz. 63

Bis zum 31.12.1985 waren in der AO keine besonderen Regelungen für Nebenleistungen und sonstige Ansprüche (z. B. KiSt bei der ESt) bei zusammengefassten Steuerbescheiden vorhanden; es galten damit die allgemeinen Regeln. Danach waren zusammengefasste Festsetzungen über steuerliche Nebenleistungen, insbesondere den Verspätungszuschlag, nicht möglich, da nach § 1 Abs. 3 S. 2 AO die Regelungen des § 155 AO bei steuerlichen Nebenleistungen grundsätzlich nicht anwendbar sind.[1] Die Gegenmeinung[2] ging von der unrichtigen Ansicht aus, zusammenveranlagte Ehegatten seien nach § 26b EStG auch verfahrensrechtlich wie ein Stpfl. zu behandeln.[3]

 

Rz. 64

Durch Gesetz v. 19.12.1985[4] ist mit Wirkung ab 1.1.1986 eine ergänzende Regelung für Nebenleistungen und sonstige Ansprüche eingefügt worden.[5] Danach können steuerliche Nebenleistungen und sonstige Ansprüche, verbunden mit der zusammengefassten Steuerfestsetzung, festgesetzt werden. Durch diese Regelung erfasst werden alle in § 3 Abs. 4 AO aufgeführten Nebenleistungen. Gemeint sind aber nur Nebenleistungen zu der in dem zusammengefassten Steuerbescheid festgesetzten Steuer, nicht Nebenleistungen zu anderen Steuern.

 

Rz. 65

"Sonstige Ansprüche", die ebenfalls in dem zusammengefassten Steuerbescheid berücksichtigt werden können, sind nach dem Wortlaut der Regelung solche Ansprüche, auf die die AO Anwendung findet. Dem Wortlaut nach erfasst werden somit alle Geldansprüche, die sich gegen einen Stpfl. richten, auf die die Vorschriften über Steuern Anwendung finden. Erfasst wären damit sämtliche Steuern. In einem zusammengefassten Steuerbescheid könnten daher alle Steuern aufgenommen werden, auch wenn sie sich nur gegen einen der Gesamtschuldner richten. Diese weite Fassung des Gesetzes entbehrt jeden Sinns; sie ist daher im Weg der teleologischen Reduktion auf einen angemessenen Inhalt zurückzuführen. Sinnvoll ist eine Aufnahme sonstiger Ansprüche in einen zusammengefassten Steuerbescheid nur, wenn diese sonstigen Ansprüche eine sachliche Verbindung zu der in dem zusammengefassten Steuerbescheid festgesetzten Steuer haben. Eine solche Verbindung weist die KiSt zur ESt auf, da diese nach den KiSt-Gesetzen Maßstabsteuer ist. Gleiches gilt für sonstige Annexsteuern der ESt, für die § 51a EStG gilt, also den SolZ. Eine sachliche Verbindung zur ESt weisen auch die Prämienansprüche auf, soweit das Einkommen für die Gewährung der Prämien maßgebend ist. Da die Prämiengesetze regelmäßig auch die Vorschriften der AO für anwendbar erklären[6], kann die Festsetzung von Prämien und ihre Rückforderung mit einem zusammengefassten ESt-Bescheid verbunden werden.[7]

 

Rz. 66

Auch nach der Regelung des Abs. 3 S. 2 werden steuerliche Nebenleistungen und sonstige Ansprüche nicht durch zusammengefassten Steuerbescheid festgesetzt, sondern nur mit einem zusammengefassten Steuerbescheid verbunden. Der Tatbestand des § 155 Abs. 3 S. 1 AO, der das Ergehen zusammengefasster Steuerbescheide ermöglicht, liegt nicht vor.[8] Aus der Rechtsprechung des BFH[9] ist jedoch zu entnehmen, dass der BFH einen einheitlichen Verspätungszuschlag für zulässig hält; dies folge aus dem Prinzip des einheitlichen Einkommens und der einheitlichen Steuererklärung. Der BFH übersieht, dass der Schuldvorwurf, der dem Verspätungszuschlag zugrunde liegt, nur für jeden Ehegatten einzeln gemacht werden kann und damit einem einheitlichen Verspätungszuschlag im Weg steht. Soweit der BFH[10] eine gemeinsame Schuld unterstellt, verstößt dies gegen Art. 6 GG. Steuerliche Nebenleistungen, insbesondere Verspätungszuschläge, richten sich immer nur gegen eine Person, die den Tatbestand erfüllt bzw. die Pflichtverletzung begangen hat; Gesamtschuldnerschaft liegt nicht vor. Auch die KiSt richtet sich nur gegen denjenigen, der den Steuertatbestand (Zugehörigkeit zu einer entsprechenden Glaubensgemeinschaft) erfüllt. Gemeinsame Tatbestandsverwirklichung und Gesamtschuldnerschaft sind daher nicht möglich. Denkbar wäre eine Gesamtschuldnerschaft allerdings bei möglichen Annexsteuern nach § 51a EStG; das hängt von der Ausgestaltung der jeweiligen gesetzlichen Regelungen ab.

 

Rz. 67

Die Festsetzung von steuerlichen Nebenleistungen und sonstigen Ansprüchen ist ein selbstständiger Verwaltungsakt, der sich gegen einen der Stpfl. richtet, gegen die der zusammengefasste Steuerbescheid ergangen ist. Daher bildet z. B. die Festsetzung eines Verspätungszuschlags gegen Ehegatten zwei selbstständige Verwaltungsakte, jeweils gegen den einzelnen Ehegatten. Hieraus folgt, dass jede dieser Festsetzungen den allgemeinen Vorschriften genügen muss. Sie muss klar angeben, gegen wen sie sich richtet und gegen welche Person welcher Anspruch festgesetzt wird. Geschieht dies nicht, ist die Festsetzung mangels hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit nichtig.[11] Soweit bei der Festsetzung subjektive Aspekte von Bedeutung sind (wie z. B. beim Verspätungszuschlag), sind für jeden Verpflichteten diese Erwägungen gesondert anzustellen.

 

Rz. 68

Abs. 3 S. 3 stellt klar, ...

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