Rz. 21

Zentral für die neue Aufbewahrungspflicht ist zunächst, dass eine sog. Drittstaat-Gesellschaft i. S . von § 138 Abs. 3 AO gegeben ist.[1] Eine solche liegt nach § 138 Abs. 3 AO immer dann vor, wenn eine Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Sitz oder Geschäftsleitung in Staaten oder Territorien gegeben ist, die nicht Mitglieder der EU oder der Europäischen Freihandelsassoziation (EFTA) sind. Die Regelung betrifft also nicht nur klassische Domizilgesellschaften in Steueroasen, sondern alle Gesellschaften und Personenvereinigungen außerhalb der EU und der EFTA. EFTA-Staaten sind Liechtenstein, die Schweiz, Norwegen und Island. Zu beachten ist, dass verschiedene wichtige Steueroasen zwar in der einen oder anderen Weise zum Vereinigten Königreich gehörten, aber bereits in der Vergangenheit das EU-Recht dort keine Anwendung fan (z. B. British Virgin Island, Isle of Man, Jersey usw.). Nach dem Abschluss des sog. BREXIT ist Großbritannien zweifellos ein Drittstaat, da Übergangsregelungen abgelaufen sind.

 

Rz. 22

Weiterhin muss ein Stpfl., man wird ergänzen müssen, ein unbeschränkt Stpfl., allein oder zusammen mit nahestehenden Personen i. S. d. § 1 Abs. 2 des AStG unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf die gesellschaftsrechtlichen, finanziellen oder geschäftlichen Angelegenheiten der Drittstaat-Gesellschaft ausüben können.[2] Stpfl. kann hierbei eine natürliche Person aber auch eine juristische Person sein. Eine Personenvereinigung kann dies sein, wenn sie selber steuerpflichtig ist.

 

Rz. 23

Der Verweis auf das AStG stellt klar, welches nahestehende Personen i. S. d. Bestimmung sind.[3] Dies ist der Fall, wenn eine Person an dem Stpfl. zu mindestens einem Viertel beteiligt ist oder sonst einen beherrschenden Einfluss auf diesen hat oder der umgekehrte Fall vorliegt[4], eine dritte Person sowohl an der Person i. S. d. § 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG und dem Stpfl. wesentlich beteiligt ist oder ansonsten einen beherrschenden Einfluss ausüben kann[5] oder ansonsten die Möglichkeit der Einflussnahme besteht.[6]

 

Rz. 24

Schließlich muss die Möglichkeit bestehen, unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf die gesellschaftsrechtlichen, finanziellen oder geschäftlichen Angelegenheiten der Gesellschaft im Drittstaat ausüben zu können. Es ist nicht erforderlich, dass er diesen Einfluss auch ausübt, sondern nur, dass er dieses kann. Die Regelung geht dermaßen weit, dass man davon wird sprechen können, dass dies regelmäßig der Fall ist, wenn keine Minderheitsbeteiligung vorliegt, die keinerlei Einfluss vermittelt. Aber auch in einem solchen Fall kann sich die Möglichkeit der Einflussnahme aus anderen vertraglichen Bestimmungen ergeben. Hinsichtlich der gesellschaftsrechtlichen Möglichkeit der Einflussnahme wird man dabei auf das Gesellschaftsrecht abzustellen haben, welches für die Drittstaat-Gesellschaft gilt. Die Möglichkeit der Einflussnahme in finanziellen oder geschäftlichen Angelegenheiten ist schwerer zu fassen. Hier wird es auf den Einzelfall ankommen. Eine Gefahr wird man dabei in einer unterschiedlichen Bewertung hinsichtlich der Möglichkeit der Einflussnahme durch die deutsche Finanzverwaltung und den Stpfl. zu sehen haben. Die deutsche Finanzverwaltung dürfte hierbei zu einer weiten Auslegung der Möglichkeit der Einflussnahme tendieren.

[1] Drüen, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 147a AO Rz. 24.
[2] Kahl-Hinsch, in Zugmaier/Nöcker, AO, 1. Aufl. 2021, § 147a AO Rz. 83f.

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