6.1 Überblick
Rz. 33
Die Buchführungspflicht nach § 141 AO entsteht kraft Gesetzes, sofern die materiellen Voraussetzungen vorliegen, also allein eine Bezugsgröße erreicht ist (s. Rz. 20). Die allgemeine Rechtspflicht zur Führung von Büchern bedarf allerdings der Konkretisierung durch die Finanzbehörde mittels eines Verwaltungsakts. Diese Konkretisierung der Rechtspflicht erfolgt durch eine Mitteilung über das Bestehen der Buchführungspflicht an den Stpfl. (s. hierzu Rz. 37). Durch diese Mitteilung können sich auch unerfahrene Stpfl. auf die Pflicht rechtzeitig einstellen.[1] Der Verwaltungsakt basiert auf den Feststellungen der Finanzbehörde (s. hierzu Rz. 34ff.). Eine spezielle Erklärungspflicht des Stpfl. bei Erreichen der Grenzwerte besteht insoweit nicht. Er muss also nicht von sich aus tätig werden.
6.2 Feststellungen der Finanzbehörde
6.2.1 Rechtscharakter
Rz. 34
Gem. § 141 Abs. 1 S. 1 AO muss die Finanzbehörde das Erreichen oder Überschreiten der Bezugsgrößen (s. Rz. 20ff.) festgestellt haben. Die Rechtsqualität dieser "Feststellung" ist in der Literatur und in der Finanzrechtsprechung umstritten:
- Einerseits wird die Ansicht vertreten, diese Feststellung sei nur die normale Beweiserhebungs- bzw. Ermittlungstätigkeit der Finanzbehörde, also eine tatsächliche Handlung, die in der Kenntnisnahme des Sachverhalts und der rechtlichen Subsumtion unter die Tatbestandsmerkmale des § 141 AO besteht.[1] Sie gibt die Begründung für die "Mitteilung", die erst als Verwaltungsakt die Rechtswirkungen auslöst (s. Rz. 37). Die Begründung für den Verwaltungsakt ist, ohne dass die Rechtswirksamkeit des Verwaltungsakts dadurch berührt wird, berichtigungsfähig und auswechselbar.[2] Das Vorliegen der Tatbestandsmerkmale des § 141 AO muss von der Finanzbehörde festgestellt worden sein, d. h. aufgrund der Sachverhaltsumstände "bewiesen" sein.[3] Der entscheidungsbefugte Amtsträger muss sich aufgrund der der Finanzbehörde bekannten Umstände eine feste, gedanklich nachvollziehbare Überzeugung vom Vorliegen des Sachverhalts gebildet haben.
Rz. 35
- Demgegenüber vertritt BFH v. 23.6.1983, IV R 3/82, BStBl II 1983, 768 die – m. E. allerdings nicht zutreffende – Ansicht, dass auch die "Feststellung" einen deklaratorischen Verwaltungsakt darstelle.[4] Dieser Verwaltungsakt könne mit der Mitteilung (s. Rz. 37) zu einem einheitlichen Verwaltungsakt verbunden werden, wobei die Berechnungsgrundlagen dem Stpfl. gem. § 121 AO mitgeteilt werden müssen. Die "Feststellungen" können aber auch im Rahmen einer Steuerfestsetzung oder eines Feststellungsbescheids getroffen sein. Die "Feststellung" hat damit nach Ansicht des BFH den Charakter eines Grundlagenverwaltungsakts, der bis zum Beginn der Buchführungspflicht erlassen worden sein muss. Sobald "Feststellung" und "Mitteilung" vorliegen, verbinden sich nach dieser Auffassung beide zu einem einheitlichen Verwaltungsakt (s. Rz. 41). Die Feststellung allein hat nach dieser Auffassung nur einen vorbereitend feststellenden Charakter.[5]
6.2.2 Art und Weise der Feststellung
Rz. 36
Wie die Feststellung getroffen wird oder zu treffen ist, wird im Gesetz nicht normiert. Die "Feststellung" der Finanzbehörde kann deshalb aufgrund aller bekannten Umstände getroffen werden. Anders als nach § 161 Abs. 1 RAO ist es nicht mehr erforderlich, dass ein Steuerbescheid zuvor erlassen worden ist, aus dem sich das Erreichen der Wertgrenzen ergibt.[1] Die Feststellung kann damit insbesondere auch außerhalb des Steuerfestsetzungsverfahrens getroffen werden. Es genügt insoweit z. B. die Kenntnisnahme etwaiger vom Beteiligten abgegebener Erklärungen oder sonstiger Hinweise.[2] Nicht erforderlich ist, dass der über die "Mitteilung" (s. Rz. 37ff.) entscheidende Amtsträger die Feststellungen persönlich getroffen haben muss. Es genügt z. B. auch, dass die Feststellung des Sachverhalts durch die gem. § 195 AO mit der Außenprüfung beauftragte Finanzbehörde erfolgt.
6.3 Mitteilung durch die Finanzbehörde
6.3.1 Rechtscharakter
Rz. 37
Die ...
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