Rz. 10

Die Ausübung des Widerrufs steht im pflichtgemäßen Ermessen der Verwaltung. Das bedeutet, dass, wenn ein Widerrufsgrund vorliegt, etwa dem Verwaltungsakt rechtmäßig ein Widerrufsvorbehalt beigefügt ist, nicht nach Belieben, sondern nur nach pflichtgemäßem Ermessen widerrufen werden darf. Allein die Tatsache, dass ein Widerrufsgrund des Abs. 2 vorliegt, führt nicht dazu, dass der Widerruf die Regel ist und ein Unterbleiben des Widerrufs nur bei Vorliegen besonderer Gründe erfolgen soll. Abs. 2 bestimmt, dass auch bei Vorliegen der Widerrufsgründe des Abs. 2 eine uneingeschränkte Ermessensausübung zu erfolgen habe; das Ermessen ist daher auch bei Vorliegen der Widerrufsgründe des Abs. 2 nicht zu Gunsten der Widerrufsentscheidung eingeschränkt.

Auch von einem Widerrufsvorbehalt darf daher nur bei Vorliegen sachlicher Gründe Gebrauch gemacht werden.[1] Solch ein sachlicher Grund kann etwa das Auftreten neuer Tatsachen sein, ohne dass der Verwaltungsakt rechtswidrig ist.[2] Kein sachlicher Grund ist die bloße Änderung der Würdigung durch die Behörde ohne äußeren Anlass. Ein rechtswidriger Widerrufsvorbehalt ermöglicht zwar formal den Widerruf, jedoch wird die Ausnutzung des Widerrufsvorbehalts dann regelmäßig ermessensfehlerhaft sein.[3]

Bei der Ermessensausübung ist insbesondere zu berücksichtigen, welche Dispositionen der Stpfl. im Hinblick auf den Verwaltungsakt, der widerrufen werden soll, gemacht hat. Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass der Verwaltungsakt rechtmäßig ist und der Stpfl. daher darauf vertrauen durfte, dass der Verwaltungsakt auch in der Zukunft Bestand haben würde.

Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist auch zu berücksichtigen, ob und in welchem Maß den Begünstigten ein Verschulden am Bestehen des Widerrufsgrunds trifft. Es kann auch erforderlich sein, die Wirkungen des Widerrufs erst später eintreten zu lassen, um dem Begünstigten Gelegenheit zu geben, sich auf die veränderten Verhältnisse einzustellen.

 

Rz. 11

Der Widerruf ist, da er nur Wirkung für die Zukunft hat, nur bei Dauerverwaltungsakten denkbar (wie z. B. Stundung, Buchführungserleichterungen, Vollstreckungsaufschub, Aussetzung der Vollziehung), nicht dagegen bei einmaligen Verwaltungsakten, deren Wirkungen sich in einem einmaligen Akt in der Vergangenheit erschöpfen; vgl. Rz. 1, 5.

[2] Niedersächsisches FG v. 10.9.1975, IV 101/73, EFG 1976, 202.
[3] Vgl. zum Meinungsstand Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2021, § 49 VwVfG Rz. 37a.

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