Rz. 25

Offenbare Unrichtigkeiten sind von der Rspr. in folgenden Fallgruppen angenommen worden[1]:

  • reine Rechenfehler[2] sowie falsche Vervielfältigung bei richtig gewähltem Vervielfältiger[3]; ebenfalls offenbare Unrichtigkeiten können unterlassene Umrechnungen sein.[4]
  • Verwechslungen und ähnliche Fehler: Spaltenverwechslungen[5], Übertragungsversehen[6], Drehfehler[7], Berücksichtigung der verschiedenen Steuermerkmale in falscher Reihenfolge[8], Verwechslung des Vz[9], Verwechslung von Grundstücken[10], Verwechslung eines negativen mit einem positiven Kapitalkonto.[11]
  • Nichterfassung eines Besteuerungsmerkmals: fehlerhafte Übernahme der im Betriebsprüfungsbericht aufgeführten Besteuerungsmerkmale[12], Nichtübernahme von Angaben aus der Steuererklärung, aus sonstigen Erklärungen des Stpfl.[13], aus einer Kontrollmitteilung[14] oder aus einer Steuerbescheinigung[15], Nichtberücksichtigung von feststehenden Tatsachen.[16] Dies gilt jedoch nur, wenn die Besteuerungsgrundlage in dem Außenprüfungsbericht, der Kontrollmitteilung, der Steuererklärung usw. unzweideutig dargestellt ist und keine sachlichen Gründe erkennbar sind, die den Sachbearbeiter veranlasst haben könnten, in Kenntnis des Prüfungsberichts, der Kontrollmitteilung bzw. der Steuererklärung die Besteuerungsgrundlagen anders festzusetzen; keine offenbare Unrichtigkeit liegt vor, wenn die Darstellung unklar und daher eine Auslegung erforderlich ist, da dann abweichende Rechtserwägungen nicht ausgeschlossen werden können.[17] Ebenfalls keine offenbare Unrichtigkeit liegt bei Verletzung der Amtsermittlungspflicht vor. Daher liegt keine offenbare Unrichtigkeit vor, wenn der Finanzbeamte Unterlagen, die den vorangegangenen Veranlagungszeitraum betreffen, nicht berücksichtigt. Die Nichtberücksichtigung stellt aber eine offenbare Unrichtigkeit dar, wenn Unterlagen für den fraglichen Veranlagungszeitraum nicht berücksichtigt werden, auch wenn diese unterjährig beim FA eingehen.[18] Offenbare Unrichtigkeit liegt auch vor, wenn der die offenbare Unrichtigkeit begründende Fehler in den folgenden Veranlagungszeiträumen übernommen wird.[19] Offenbare Unrichtigkeit kann auch das Übersehen eines Antrags des Stpfl. sein.[20]
  • Nichteintragung der Kennzahl für einen Vorbehaltsvermerk gem. § 164 AO.[21]
  • Nichtansatz der in einer gesonderten Feststellung enthaltenen Besteuerungsgrundlagen bzw. fehlerhafte Übernahme des Inhalts eines Feststellungsbescheids, wenn bei Erlass des Folgebescheids der Feststellungsbescheid schon vorlag. Die h. M. wendet jedoch § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO an, der danach die Anwendung des § 129 AO ausschließen soll. Vgl. eingehend § 175 AO Rz. 7 m. w. N. Eine offenbare Unrichtigkeit des Folgebescheids liegt auch vor, wenn das Feststellungsfinanzamt eine von dem Grundlagenbescheid abweichende Mitteilung an das Veranlagungsfinanzamt absendet. Das Veranlagungsfinanzamt ist nicht an die Mitteilung gebunden, sondern an den Inhalt des Grundlagenbescheids; übernimmt es diesen Inhalt nicht richtig in die Steuerfestsetzung, liegt eine offenbare Unrichtigkeit vor.[22] Die Unrichtigkeit ist dem Stpfl. aufgrund der Feststellungserklärung bzw. des bekannt gegebenen Grundlagenbescheids auch regelmäßig offenbar.
  • Unrichtige Annahme des Familienstands und damit Verwechslung von Grund- und Splittingtabelle, wenn unrichtige Rechtserwägungen im Einzelfall praktisch ausgeschlossen schienen.[23]
  • Anwendung der Splittingtabelle anstelle der Grundtabelle und umgekehrt, wenn kein Zweifel darüber bestehen kann, welche Tabelle anzuwenden war.[24]
  • Doppelte Erfassung eines Besteuerungsmerkmals[25]; es muss sich um den Fall handeln, dass die Besteuerungsgrundlagen in derselben Steuerfestsetzung doppelt erfasst worden sind, da sonst ein Fall des § 174 AO vorliegen dürfte.
  • Übersehen eines Freibetrags[26], doppelte Berücksichtigung eines Freibetrags[27], Übersehen von Kindeseinkünften beim Ausbildungsfreibetrag[28], Kinderfreibetrag, der angesichts der Zahl der Kinder unmöglich ist.[29]
  • Personenverwechslung.[30]
  • Steuerliches Einlagekonto.[31]
  • Fehlerhafte Umrechnung von DM in EUR.[32]

Zu offenbaren Unrichtigkeiten bei Steuerfestsetzungen mithilfe der EDV vgl. Rz. 30.

[1] Lohmeyer, DStZ/A 1978, 125; Hering, DStZ 1984, 220.
[4] FG Baden-Württemberg v. 13.11.2002, 2 K 45/00, EFG 2003, 279 für eine unterlassene Währungsumrechnung.
[5] FG Köln v. 21.1.1987, 1 K 157/86, EFG 1987, 334.
[7] FG Berlin v. 14.3.1980, III 48/80, EFG 1980, 423; vgl. FG Münster v. 13.12.1983, VI 248/83 E, EFG 1984, 158.
[8] FG Münster v. 11.12.1980, III 5311/79 V, EFG 1981, 331; ein Rechtsfehler schied nach Lage des Falls aus.
[11] Niedersächsisches FG v. 31.7.1991, III 320/89, EFG 1992, 109.

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