Rz. 12

Nach Aufruf der Sache eröffnet der Vorsitzende, sobald alle Mitglieder des Gerichts und ggf. der Protokollführer anwesend sind, die mündliche Verhandlung durch eine entsprechende Erklärung, die zweckmäßigerweise protokolliert wird (ggf. mit Uhrzeit).[1]  Dabei hängt es von den Umständen des Einzelfalls ab, ob der Aufruf der Sache und die Eröffnung der mündlichen Verhandlung (ggf. konkludent) zeitlich zusammenfallen.[2]  M. E. ist es sinnvoll, die Eröffnung der mündlichen Verhandlung gesondert zu protokollieren. Sind nicht alle Beteiligten oder ihre Vertreter erschienen, empfiehlt es sich oft, mit der Eröffnung eine angemessene Zeit zu warten[3] und ggf. telefonisch Rückfrage zu halten, ob mit dem Erscheinen des Beteiligten zu rechnen ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Beteiligter sein Erscheinen oder die Möglichkeit einer geringen Verspätung ausdrücklich angekündigt hat oder der Termin vorab telefonisch abgestimmt wurde. Anderenfalls braucht das Gericht nicht zu warten.[4]  Ob das Gericht wartet, liegt im Ermessen des Vorsitzenden. Dabei hat er das voraussichtliche Interesse des Beteiligten an der Teilnahme gegen das Interesse des Gerichts sowie der an den nachfolgenden Verfahren Beteiligten an möglichst pünktlicher Einhaltung der Tagesordnung zu berücksichtigen. Hat ein Beteiligter sein Erscheinen oder eine Verspätung nicht angekündigt, so kann er i. d. R. nicht erwarten, dass das Gericht, das keine Anhaltspunkte dafür hat, ob und wann er erscheinen wird, von einer pünktlichen Eröffnung der mündlichen Verhandlung absieht und möglicherweise vergeblich auf ihn wartet.[5]  Zu bedenken ist, dass dem Terminänderungsantrag eines entschuldigt Verspäteten regelmäßig stattzugeben ist. Es hat sich deshalb bewährt, wenn der Vorsitzende sich vor Eröffnung der mündlichen Verhandlung vom Protokollführer oder Wachtmeister melden lässt, ob die Beteiligten vollzählig erschienen sind. Hat das Gericht nicht eine angemessene Zeit gewartet, obwohl dies nach den Umständen zu erwarten war, kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vorliegen.

[1] § 94 FGO i. V. m. § 160 Abs. 2 ZPO; Schallmoser, in HHSp, AO/FGO, § 92 FGO Rz. 34.
[2] Schallmoser, in HHSp, AO/FGO, § 92 FGO Rz. 34, Wendl, in Gosch, AO/FGO, § 92 FGO Rz. 22 meinen, dass mit dem Aufruf der Sache die mündliche Verhandlung eröffnet wird; Gräber/Herbert, FGO, 9. Aufl. 2019, § 92 Rz. 3, sowie Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 92 FGO Rz. 3 und 5, sprechen von der Eröffnung nach dem Aufruf der Sache.
[3] Für eine generelle Wartezeit von ca. 15 Minuten Brandis, in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 92 FGO Rz. 4 m. w. N.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge