Rz. 12

Zur Ausschließung von Gerichtspersonen oder Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit vgl. § 51 FGO. Ausgeschlossene oder mit Erfolg abgelehnte Richter dürfen an der Entscheidung nicht mitwirken.[1] Wurde hiergegen verstoßen, ist das angefochtene Urteil ohne Prüfung der materiell-rechtlichen Rechtslage auf Rüge aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.[2]

Nach § 51 Abs. 1 FGO ist ein Richter in den in § 41 ZPO aufgezählten Fällen kraft Gesetzes von der Ausübung des Richteramts ausgeschlossen. Der Katalog ist abschließend.[3] Es handelt sich um Fälle, in denen wegen besonderer Nähe zum Rechtsstreit Bedenken hinsichtlich der gebotenen Neutralität bestehen können (Beteiligung des Richters/seines Ehegatten an der Streitsache, Verwandtschaft zu einem Beteiligten, Mitwirkung in einem früheren Rechtszug oder in einem Schiedsgerichtsverfahren usw.). Der Ausschlussgrund des § 41 Nr. 6 ZPO erfasst nur den Fall der Mitwirkung an einer Entscheidung in einer unteren Instanz, nicht aber den Fall, dass der Richter in der gleichen Instanz an einer vorangegangenen Entscheidung mitgewirkt hat. Ein Richter ist daher bei der Entscheidung über eine Nichtigkeitsklage nicht deshalb ausgeschlossen, weil er an dem der Nichtigkeitsklage vorangegangenen Urteil mitgewirkt hat.[4]

Außerdem ist nach § 51 Abs. 2 FGO ausgeschlossen, wer an dem vorausgegangenen Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat, da eine solche Mitwirkung befürchten lässt, der Richter sei in seiner Meinung bereits festgelegt und könne nicht mehr objektiv entscheiden. Das Merkmal "Mitwirkung am vorausgegangenen Verwaltungsverfahren" ist dem Sinn der Vorschrift, mangelnder Objektivität des Richters vorzubeugen, entsprechend weit auszulegen. Der Kontrollierende soll nicht zum Kontrolleur werden.[5] Vorausgegangenes Verwaltungsverfahren ist das gesamte Verfahren, das final zum Erlass der gerichtlich zu überprüfenden Entscheidung geführt hat.[6] Darunter fällt z. B. auch die Anordnung einer Außenprüfung, die der angefochtenen Steuerfestsetzung vorangeht, sofern das Gerichtsverfahren durch die Ergebnisse der Außenprüfung ausgelöst wurde.[7] Die erforderliche Finalität fehlt nur dann, wenn das Tätigwerden des Richters dem Verwaltungsakt weder vorausgegangen ist noch ihn vorbereitet hat, d. h. wenn es z. B. eine andere Steuerart oder einen anderen Veranlagungszeitraum betrifft.[8]

Die Mitwirkung muss keine besonderen qualitativen Voraussetzungen erfüllen. Auch eine lediglich beratende Tätigkeit genügt.[9] Kein Ausschlussgrund besteht jedoch, wenn sich die Mitwirkung nicht auf das konkrete Streitjahr oder eine andere Steuerart bezieht.[10] Dagegen bestehen Bedenken, wenn es sich um gleichgelagerte Probleme in Parallelfällen handelt.

 

Rz. 13

Der absolute Revisionsgrund der Mitwirkung eines wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnten Richters setzt voraus, dass das Ablehnungsgesuch Erfolg gehabt hat, d. h., der Richter muss an dem angefochtenen Urteil mitgewirkt haben, obwohl das FG durch besonderen Beschluss einem Befangenheitsgesuch stattgegeben hat.[11] Die Vorschrift knüpft ausdrücklich an den Erfolg der Ablehnung an.[12] Der Vortrag in der Revision bzw. Nichtzulassungsbeschwerde, der Richter sei befangen gewesen, stellt daher keine schlüssige Rüge i. S. v. § 119 Nr. 2 FGO dar[13], selbst wenn dem Kläger der Ablehnungsgrund erst nachträglich bekannt wurde.[14]

Ebenfalls kein Fall des § 119 Nr. 2 FGO ist gegeben, wenn geltend gemacht wird, das FG habe den Befangenheitsantrag zu Unrecht abgelehnt und anschließend unter Mitwirkung des abgelehnten Richters entschieden.[15] Hier greift grundsätzlich die Anfechtungsbeschränkung gem. § 124 Abs. 2 FGO ein. § 124 FGO schließt die Rüge nur dann nicht aus, wenn der Verfahrensmangel fortwirkt. Das ist der Fall, wenn das Ablehnungsgesuch willkürlich zurückgewiesen wurde und dies schlüssig vorgetragen wird. Es liegt dann ein Verstoß i. S. d. Nr. 1 vor.[16]

 

Rz. 14

Hat ein als befangen abgelehnter oder kraft Gesetzes ausgeschlossener Richter mitgewirkt, liegt kein Fall des § 119 Nr. 1 FGO vor, da § 119 Nr. 2 FGO als Sonderregelung vorgeht.[17] Die Besorgnis der Befangenheit kann daher nicht (mehr) vor dem BFH geltend gemacht werden, wenn die Befangenheitsgründe nicht schon in einem Befangenheitsantrag beim FG – mit Erfolg – vorgetragen worden sind.[18] Fehlt es an einem dem Befangenheitsantrag stattgebenden Beschluss, liegt kein Verfahrensmangel i. S. v. § 119 Nr. 2 FGO vor.[19]

 

Rz. 15

Die Rüge eines Verfahrensmangels i. S. d. Nr. 2 ist nicht verzichtbar.[20] Sie ist nur dann schlüssig, wenn vorgetragen wird, dass das Ablehnungsgesuch Erfolg gehabt hat bzw. wenn die vorgetragenen Umstände, ihre Richtigkeit unterstellt, den Ausschluss des Richters kraft Gesetzes ergeben.

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