Rz. 10

Der Begriff der "Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen" soll einen möglichst breiten Anwendungsbereich eröffnen, sodass er weit auszulegen ist.[1] Folglich handelt jeder in Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Stpfl., der – ohne selbst Stpfl. zu sein – dem Stpfl. bei der Erledigung seiner steuerlichen Angelegenheiten Hilfe leistet[2] oder dessen Handeln sonst mit den steuerlichen Pflichten eines Stpfl. zusammenhängt.[3] Zu der Frage, ob der Handelnde nach außen in Erscheinung treten muss, vgl. Rz. 3f.

 

Rz. 11

Der primäre Anwendungsfall der zweiten Tätergruppe sind die Angehörigen der steuerberatenden Berufe.[4] Üben diese Personen ihre Tätigkeit im Rahmen von Steuerberatungs-, Wirtschaftsprüfungs- oder Buchführungsgesellschaften aus, so kommt dieser Tatsache keine strafrechtliche Relevanz zu, denn die Leistung wird durch die handelnden natürlichen Personen eigenverantwortlich erbracht.[5] Folglich kommen auch nur natürliche Personen als taugliche Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung infrage.[6] Zur bußgeldrechtlichen Haftung der Gesellschaft vgl. Vor §§ 377–384 AO Rz. 100ff.

 

Rz. 12

In Wahrnehmung der Angelegenheiten eines Stpfl. können aber auch alle anderen Personen handeln, die mit einer gewissen Selbstständigkeit steuerliche Belange Dritter behandeln.[7] Dabei kann es sich um nachgeordnete Mitarbeiter handeln, soweit die Wahrnehmung der steuerlichen Belange Hauptpflicht ihrer Tätigkeit ist und sich diese Tätigkeit nicht bloß auf Schreib- oder Rechenarbeiten beschränkt.[8] Es ist jedoch unerheblich, ob die Tätigkeit geschäfts- oder berufsmäßig, befugt oder unbefugt, mit oder ohne Vertretungsmacht oder Auftrag, auf oder gegen die Weisung des Stpfl. erfolgt.[9] Der jeweilige Mitarbeiter muss keine leitende Funktion innehaben.[10] Aufgrund der weiten Auslegung des Begriffs kommen als Täter des § 378 AO z. B. auch Familienmitglieder infrage, die für ihre Mitreisenden gegenüber einem Zollbeamten auftreten.[11]

 

Rz. 13

Ebenso wie Amtsträger der Finanzverwaltung als solche keine Stpfl. sind[12], so nehmen sie im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit auch nicht die Angelegenheiten des Stpfl. wahr.[13] Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Amtsträger außerdienstlich tätig wird.

[1] RG v. 12.4.1923, III 750/22, RGSt 57, 218; Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 378 AO Rz. 15; Rolletschke, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 378 AO Rz. 9; Heuel, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 378 AO Rz. 16.
[2] RG v. 12.4.1923, III 750/22, RGSt 57, 218.
[3] Klein/Jäger, AO, 13. Aufl. 2016, § 378 Rz. 8; Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 378 AO Rz. 15; Rolletschke, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 378 AO Rz. 9; vgl. auch § 382 AO Rz. 21.
[4] Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Rechtsanwälte, vereidigte Buchprüfer, Wirtschaftsprüfer.
[6] Heerspink, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 378 AO Rz. 33; Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 378 AO Rz. 21; Rolletschke, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 378 AO Rz. 9; Heuel, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 378 AO Rz. 17.
[7] Heerspink, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 378 AO Rz. 32; Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 378 AO Rz. 15ff.; Rolletschke, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 378 AO Rz. 9; Heuel, in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 378 AO Rz. 18.
[8] Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 378 AO Rz. 19, 24.
[9] Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 378 AO Rz. 16ff. m. w. N.
[10] Bülte, in HHSp, AO/FGO, § 378 AO Rz. 17; Heerspink, in Flore/Tsambikakis, Steuerstrafrecht, 2. Aufl. 2016, § 378 AO Rz. 32.
[11] Vgl. § 382 AO Rz. 21; OLG Hamm v. 20.11.1958, 2 Ss 839/58, ZfZ 1959, 122; Joecks, in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 378 AO Rz. 15.
[12] Vgl. Rz. 9.
[13] Klein/Jäger, AO, 13. Aufl. 2016, § 378 Rz. 8, 11; Rolletschke, in Rolletschke/Kemper, Steuerstrafrecht, § 378 AO Rz. 9.

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