Rz. 9

Wer als Verfügungsberechtigter auftritt, hat aufgrund der Verweisung in § 35 AO auf § 34 Abs. 1 AO wie der gesetzliche Vertreter die steuerlichen Pflichten des Rechtsträgers wie z. B. zur Abgabe der Steuererklärungen und zur Entrichtung der geschuldeten Steuern aus den vorhandenen Mitteln[1] zu erfüllen, für den sie im eigenen oder fremden Namen auftreten. Zu diesen Pflichten im Einzelnen vgl. die Erl. zu § 34 AO.

Die steuerlichen Pflichten sind gem. § 35 AO nur insoweit zu erfüllen, als der Verfügungsberechtigte dies rechtlich und tatsächlich kann. Das bedeutet zum einen, dass objektiv nicht erfüllbare Pflichten den Verfügungsberechtigten auch nicht treffen können. Befinden sich z. B. keine Geldmittel zur Zahlung von Steuern im Gesellschaftsvermögen, so fehlt es an einer solchen Verpflichtung. Vom Verfügungsberechtigten können Zahlungen aus eigenen Mitteln nicht verlangt werden.[2] Durch diese Einschränkung im Wortlaut der Vorschrift auf die tatsächlich und rechtlich erfüllbaren Pflichten[3] ist nun eine Verpflichtung solcher Personen ausgeschlossen, die eine Verfügungsmacht nur vortäuschen, mangels einer solchen aber auch die steuerlichen Pflichten nicht erfüllen können (vgl. Rz. 2). Ist die Verfügungsmacht rechtlich oder tatsächlich beschränkt, so sind auch die steuerlichen Pflichten nur insoweit zu erfüllen. Einschränkende Absprachen und Regelungen im Innenverhältnis, die die Verfügungsmacht nach außen (zur Erfüllung steuerlicher Pflichten) nicht einengen, schließen die Anwendbarkeit des § 35 AO nicht aus. Auch können privatrechtliche Vereinbarungen mit dem Rechtsinhaber, dass der Verfügungsberechtigte steuerliche Pflichten nicht zu erfüllen hat, die öffentlich-rechtliche Regelung nicht außer Kraft setzen. Allerdings sind eindeutige, möglichst schriftliche Aufgabenverteilungen zu berücksichtigen. Ist z. B. der Geschäftsbereich eines Prokuristen begrenzt, so beschränken sich seine steuerlichen Pflichten auch auf diesen Bereich, sofern er nicht außerhalb dieses Bereichs nach außen auftritt.[4] Bei der Veräußerung von Sicherungsgut hat der Sicherungsnehmer nicht dafür zu sorgen, dass alle Steuerschulden des Sicherungsnehmers getilgt werden, sondern nur, dass die durch den Veräußerungsvorgang entstehenden Steuern[5] entrichtet werden.[6]

Gehen umgekehrt die rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten einer Person weiter, als es das Auftreten als Verfügungsberechtigter erkennen oder nur vermuten lässt, so muss nach Sinn und Zweck der Vorschrift ihr Wortlaut einschränkend ausgelegt werden. Nur soweit der Verpflichtete als Verfügungsberechtigter auftritt, reichen seine steuerlichen Pflichten. Ist z. B. eine Person mit weitgehenden Rechten und Verfügungsmacht für das Geschäft und das Grundvermögen eines anderen ausgestattet, tritt sie jedoch absprachegemäß vorläufig nur für das Geschäft nach außen in Erscheinung, so kann sich die Verpflichtung der §§ 34, 35 AO nur auf die steuerlichen Angelegenheiten des Geschäfts erstrecken.

 

Rz. 10

Aufgrund der Verweisung in § 35 AO auf die Pflichten der gesetzlichen Vertreter nach § 34 Abs. 1 AO gehört zu den Obliegenheiten insbesondere die Sorge dafür, dass die Steuern aus den Mitteln entrichtet werden, die der Verfügungsberechtigte verwaltet. Eine Verfügungsmacht über die Geldmittel allein reicht nicht, wenn der Verfügungsberechtigte sie nicht – u. U. mit anderen Personen zusammen – verwaltet. Die Verwaltung ist umfassender als die Verfügungsmacht. Durch die Verweisung auf § 34 Abs. 1 AO ergibt sich also für die Zahlungspflichten neben der Beschränkung auf die tatsächlich und rechtlich möglichen Pflichterfüllungen noch eine zusätzliche Beschränkung auf die verwalteten Mittel.

Für die Folgen der Verletzung der Pflichten nach § 35 AO mit § 34 Abs. 1 AO.[7] Für die Beendigung der Verpflichtung s. § 36 AO.

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