Rz. 44

Im Rahmen der Ausbildung werden die Anwärter in das Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen und sind daher Amtsträger i. S. d. § 7 Nr. 1 AO. Hierzu regeln die entsprechenden Ausbildungsordnungen[1] im Einzelnen, dass neben einem theoretischen Ausbildungsteil eine praktische Zeit in den jeweiligen Verwaltungseinheiten zu absolvieren ist, bei denen sie einer konkreten Dienststelle zugeordnet sind. Diese Zeit dient im Wesentlichen dazu, das rechtliche Fachwissen zutreffend anzuwenden, wobei die Bedienung der bereitstehenden IT einen immer größer werdenden Raum ausfüllt. Soweit die Anwärterin oder der Anwärter im eigenen Zeichnungs- oder Mitzeichnungsrecht agiert, erfolgt dies ohne eine Zweckänderung und die Datenverarbeitung ist in diesem Fall unmittelbar durch § 29b AO gedeckt. Werden im Zuge der Ausbildung bereits abgeschlossene Verwaltungsverfahren zu Anschauungszwecken genutzt oder trägt die Anwärterin oder der Anwärter aus anderen Gründen zu der Verwaltungsentscheidung nicht bei, richtet sich die datenschutzrechtliche Zulässigkeit nach § 29c AO.

Allerdings werden Anwärter im praktischen Teil der Ausbildung in aller Regel im Besteuerungsverfahren tätig, wenn sie in den Ausbildungsbezirken reguläre Steuererklärungen veranlagen, Betriebe prüfen oder Steuerschulden vollstrecken. In diesem Fall richtet sich die Zulässigkeit nach der Grundnorm des § 29b AO, da die erhobenen Daten zu ihrem eigentlichen Erhebungszweck und eben nicht für andere Zwecke (weiter) verarbeitet werden.[2]

 

Rz. 45

Sehr viel häufiger als zu Ausbildungszwecken dürfte die Verwendung von Steuerdaten zu Fortbildungszwecken sein. Es ist üblich, dass umfangreiche technische Neuerungen anhand von Steuerdaten demonstriert und zur Erprobung durch die Nutzer verwendet werden. Hierbei sind die IT-Verfahren derart miteinander verbunden, dass künstlich zu Schulungs- und Ausbildungszwecken kreierte Fälle im Rahmen der komplexen Rechenalgorythmen nicht verwendet werden können, da die Rechenprozesse abgebrochen würden oder aber nicht die gewünschten Ergebnisse mit sich brächten. Zur Bereitstellung der Falldaten sind folgende Schritte zu unterscheiden:

  1. Abruf der Steuerdaten aus der regulären Rechenumgebung;
  2. Speicherung der Daten in einer Schulungsumgebung (sog. "Spiegeln" der Daten);
  3. Verfremdung/ Anonymisierung der Daten zu Schulungszwecken;
  4. Löschung der gespiegelten "Echt-Daten";
  5. Veröffentlichung/ Verwendung der verfremdeten/ anonymisierten Daten in Schulungsveranstaltungen.

In dieser Konstellation unterfielen die Schritte 1. bis 4., da die Verarbeitung von "Echt-Daten" vorgenommen wird, der DSGVO und damit zugleich der Prüfung nach § 29c Abs. 1 S. 1 Nr. 6 S. 2 AO. Schritt Nr. 5 stellt keine Verarbeitung personenbezogener Daten dar, da der Personenbezug entfallen ist. In Bezug auf die Schritte Nr. 1 bis Nr. 4 stellt sich die Frage, ob eine Fortbildungsmaßnahme eine Ausbildung i. S. d. § 29c Abs. 1 Nr. 6 S. 2 AO darstellt. Zum einen enthält das Steuerbeamtenausbildungsgesetz (StBAG) in § 1 Abs. 2 Nr. 4 StBAG den Hinweis, dass das Gesetz zugleich auch für die Fortbildung der Steuerbeamten anwendbar ist. Zum anderen spricht auch der Wortsinn dafür, die Fortbildung als Unterfall der Ausbildung anzusehen. So zielt nach § 1 Abs. 4 Berufsbildungsgesetz (BBiG) eine Fortbildung auf jene Qualifikationen ab, die bereits in einem Ausbildungsberuf erworben wurden. Sie sollen erhalten, erweitert, der technischen Entwicklung angepasst oder so ausgebaut werden, dass ein beruflicher Aufstieg möglich wird. Damit unterfällt die Bereitstellung der Steuerdaten zu Fortbildungszwecken dem § 29c Abs. 1 S. 1 Nr. 6 S. 2 AO.

Gegenüber dem Abrufenden (vgl. Schritt Nr. 1), bzw. im Falle eines Verzichts auf die Verfremdung und Anonymisierung (Schritt Nr. 3) stellte sich im Weiteren die Frage, inwieweit der Abruf[3], bzw. die Offenbarung gegenüber den Teilnehmern der Fortbildung i. S. d. § 30 Abs. 4 AO gerechtfertigt werden kann. In § 30 Abs. 4 Nr. 1a AO wurde deshalb der Fall der Weiterverarbeitung nach § 29c Abs. 1 S. 1 Nr. 6 AO aufgenommen.[4]

 

Rz. 46

Sehr viel seltener wird die Verwendung von nicht hinreichend anonymisierten oder pseudonymisierten Daten für Prüfungszwecke sein.

 

Rz. 47

§ 29c Abs. 1 S. 1 Nr. 6 S. 2 AO sieht eine Einzelfallabwägung zwischen dem schutzwürdigen Interesse der betroffenen Person einerseits und dem Interesse des Auszubildenden (und damit der Steuerverwaltung in Gänze) eine möglichst praxisnahe, unter Verwendung der technischen Verfahren durchzuführenden Unterweisung zu erhalten vor. Für Prüfungszwecke stellt sich diese Abwägungslage entsprechend dar. Da § 29c Abs. 1 S. 3 AO eine Weiterverarbeitungsbefugnis davon abhängig macht, dass der verarbeitende Personenkreis seinerseits dem Steuergeheimnis nach § 30 AO unterliegt, wird die Abwägung wohl im Regelfall zugunsten des Ausbildungs- oder Prüfungszwecks ausgehen.[5] Anders dürfte sich dies aber dann darstellen, wenn die betroffene Person durch die Daten dargestellt wird. In derartigen Fällen wird i. d. R. das I...

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